KONTEXT:Wochenzeitung
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Das Ding mit tausend Namen

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Medienkritik gehört von Anfang an zu den Schwerpunkten von Kontext. Aber wenn es im Medienbereich mal was zu loben gibt, halten wir mit girlandenumkränzten Lobhudeleien nicht hinterm Berg. Ein Schwung Blumengirlanden geht diese Woche an den Bayerischen Rundfunk und dessen Format BR24. Und keineswegs allein deswegen, weil er Kontext-Redakteurin und -Mitgründerin Susanne Stiefel interviewt hat. Sondern weil dies im Rahmen eines sehr differenzierten Beitrags über gemeinnützigen Journalismus geschah, in dem Redakteurin Nina Landhofer neben Stiefel auch mit der Grünen-Politikerin Tabea Rößner und der US-Amerikanerin Maryse Sulimma vom Investigativ-Konsortium ICIJ sprach (als Podcast nachzuhören hier).

Ein ernstes und wichtiges Thema, denn es geht dabei um die Sicherung journalistischer Vielfalt in einer Zeit zunehmender Konzentrationsprozesse und Monopole im Pressebereich. Aber an einer Stelle mussten wir doch etwas schmunzeln: Landhofer sprach gegen Ende des Beitrags einmal von "Kontext Wochenblick" und erweiterte damit die Reihe der vielen Namen, die wir schon bekommen haben, um einen weiteren. Bei den "Nachdenkseiten" waren wir einmal die "Kontext:Wochenschau", was schnell korrigiert wurde. Im Zuge der Berichterstattung über unser Interview mit der Kabarettistin Christine Prayon wurden wir teils zum "Kontext Wochenmagazin" gemacht, unter anderem vom "Tagesspiegel", von der "Welt", von "T-Online" oder von "Pro. Das Christliche Medienmagazin" – wer hier als erstes von wem abgeschrieben hat, fehlte zu ergründen uns allerdings der Impetus. Mit den Kolleg:innen von "Konkret" wurden wir auch schon mal verwechselt, schon recht; soweit uns bekannt, aber noch nie mit "Compact". In diesem Kontext dürfte sich der Verwechsler auf Schmerzensgeldforderungen gefasst machen – denn mit dem rechtsextremen Monatsmagazin von Jürgen Elsässer, der Propaganda-Postille der AfD, wollen wir nicht in einen Topf geworfen werden.

Eine "Compact"-Ausgabe im Schaufenster seines Reisebüros hängen hatte der Hechinger AfD-Stadtrat Johannes Simon, außerdem Werbung für seine Partei und ein Verbotsschild für Grünen-Wähler. Ein Ortsbesuch von Kontext-Volontärin Franziska Mayr offenbarte, dass die meisten dort nicht sonderlich juckt, was der AfD-Mann da treibt. Zeichen einer schleichenden Normalisierung? Ein wenig mulmig wird uns schon.

Wie mit dem aktuellen Höhenflug der AfD umgehen, wie darauf reagieren? In einem Gastbeitrag betont der ehemalige IG-Metall-Sekretär Peter Kern, dass die Entwicklung diejenigen kaum verwundern kann, die die alle zwei Jahre aktualisierte "Mittestudie" gelesen haben. Kern appelliert an die Spitzen der großen deutschen Unternehmen, sich klar gegen rechts zu positionieren. Denn die AfD könne nur mithilfe derer gestoppt werden, die über ökonomische Macht verfügen. Dass es in Deutschland und europaweit noch nicht ganz dusterbraun aussieht, findet Kontext-Autorin Johanna Henkel-Waidhofer. Denn zum einen sei der Organisationsgrad der Rechten im Europaparlament noch sehr bescheiden. Zum anderen würden die Positionen der AfD zu Europa kaum einen Realitäts-Check überstehen. Ihr Wort in des Weltgeists Ohr.

Würde es in deutschen Gewässern Axolotls geben, würde die AfD womöglich nur die weißen dulden. Die sind auch am meisten in den Medien abgebildet, obwohl die meisten der Schwanzlurche tatsächlich dunkel sind. "Das ist Rassismus", sagt dazu José Ocampo, der in Mexiko Axolotls erforscht. Was aber auch schon der abgründigste Teil der hinreißenden Sommergeschichte unseres Mexiko-Korrespondenten Moritz Osswald ist. Der Axolotl hat zwar einige Namen weniger als Kontext, dafür ranken sich umso mehr Mythen um das Tier, das sich nicht so ganz entscheiden kann, ob es noch ein bisschen Fisch oder schon richtig Amphibium sein will. Ist aber auch wurscht. Wer so freundlich und lustig aussieht, darf in solchen Dingen auch etwas unentschlossen sein.


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2 Kommentare verfügbar

  • Dietmar Schott
    am 17.08.2023
    Antworten
    Liebe KONTEXT-Redaktion,
    journalistische Vielfalt ist in der Tat sehr wichtig. Keine Frage!
    Allerdings ist dadurch noch nicht geklärt, wer mit seiner Darstellung der Wahrheit am nächsten kommt. Vorausgesetzt, die einzelnen Autoren haben überhaupt die Absicht, wahrheitsgetreu und auch nicht…
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