Ach! "Tausend heitere, angenehme Stunden lassen wir, mit verdrießlichem Gesicht, ungenossen an uns vorüberziehen, um nachher, zur trüben Zeit, mit vergeblicher Sehnsucht ihnen nachzuseufzen", sinnierte einmal Arthur Schopenhauer. Doch während der Philosoph den Mensch im Allgemeinen als Trauerkloß mit Hang zum Schwermut charakterisiert, unterschlagen seine Ausführungen die lebendigen Gegenentwürfe zu dem radikal pessimistischen Weltbild: jene Art Mensch also, die keine Gelegenheit zum Genuss ungenutzt lässt und in angenehmen Stunden, mit gleißendem Frohsinn, so viel Heiterkeit versprüht, dass es die Griesgrämerei all der lethargischen Negativnasen mindestens kompensiert.
Ein Mann von diesem Schlag ist Frank Nopper, der als Oberbürgermeister von Stuttgart vor allem in seiner Paradedisziplin brilliert: der Wahrnehmung repräsentativer Aufgaben. Für die inhaltliche Arbeit hat sich der Christdemokrat zwar einen Chefstrategen von der SPD an seine Seite geholt. Wenn es allerdings, wie aktuell, das traditionelle Weindorf zu eröffnen gilt, ist klar, dass der Chef persönlich ran muss. Und schnell wird dabei deutlich: Was dem Schiffbrüchigen im Sturme der Lichtstrahl des Leuchtturms ist den unter Straßenfest-Entzug Leidenden die zur Schau gestellte Noppersche Lebensfreude. Ein Signal, dass auch auf die finsterste Nacht ein Sonnenaufgang folgt.
Auf dem gerade frisch umgestalteten Stuttgarter Marktplatz hatte Nopper schon Anfang Juni, bei der Wiedereröffnung des "von uns allen heiß und innig geliebten Wochenmarktes", eine glänzende Figur abgegeben (insbesondere beim Läuten der Marktglocke). Die Stände mit Obst, Gemüse, Eiern und Blumen, Honig, Wein und Spirituosen hatten für einige Monate weichen müssen wegen der Bauarbeiten für ein Projekt mit aufwändigem Vorlauf. Erste Ideen für eine Umgestaltung des Marktplatzes gab es bereits 1995. Im September 2020 startete die Umsetzung. Inzwischen wurde der dunkelgraue Bodenbelag durch einen helleren ersetzt und die Bauarbeiten sind beinahe abgeschlossen.
Über dem Bunker-Biotop
Passend zur Autostadt Stuttgart war der Marktplatz lange Zeit ein Parkplatz. So hatten es Gäste nicht weit bis zum fensterlosen Hotel unter der Erde, das noch bis 1985 für Übernachtungen bereitstand. Nachdem große Teile der Stuttgarter Innenstadt im Zweiten Weltkrieg zerstört wurden, gab es auch einen Mangel an Unterbringungsplätzen für den Fremdenverkehr. Der Bunker in Rathausnähe wurde kurzerhand umfunktioniert und erfreute sich unter Tourist:innen großer Beliebtheit. Mittlerweile sind die Räumlichkeiten zum "Lebensraum für Bakterien und Schimmelpilze" geworden, wie Architekt Jörg Esefeld und Fotograf Werner Lorke schon 2006 in ihrem bildlastigen Buch "Bunker Biotop" dokumentiert haben.
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Heiß!
am 23.08.2022