"Einer von vielen Schandflecken der Stadt" – so bezeichnet eine Bildergalerie der "Stuttgarter Zeitung" über "Stuttgarts hässlichste Orte" den Gebhard-Müller-Platz. Eine weitere Bildunterschrift lautet: "Die Verkehrskreuzung an der Staatsgalerie ist so lebensfeindlich, dass es einen schier schaudert." Eine dritte: "Der Verkehrsknotenpunkt Gebhard-Müller-Platz ist ein Paradebeispiel, wenn es darum geht, Stuttgarts punktuelle Hässlichkeit zu visualisieren." Und in einer vierten, noch immer derselben Straßenkreuzung gewidmet, heißt es: "Blechlawinen so weit das Auge reicht: Der Mensch fühlt sich fremd in solcher Umgebung. Solche Plätze und Gebäude verfinstern das Gemüt."
Das Gemüt von Kommunalpolitiker Hannes Rockenbauch verfinstert sich bis zu einem Punkt, wo es bis zum Gewitterausbruch nicht mehr weit sein kann, wenn er an eine Beschlussvorlage denkt, über die der Gemeinderat am morgigen Donnerstag abstimmen soll. "Stuttgart 21: Verlängerung Unterfahrung Gebhard-Müller-Platz", steht darüber. Grundlage ist der Planfeststellungsbeschluss PFA 1.1 des Projekts Stuttgart 21 aus dem Jahr 2002 und eine fünf Jahre später von Stadt und Bahn ausgehandelte Vereinbarung zur Gestaltung der Kreuzung.
Denn der Gebhard-Müller-Platz ist eigentlich gar kein Platz: nach einer Lexikondefinition eine "freie, unbebaute Fläche in einem bebauten Bereich, z.T. durch Brunnen, Plastiken, Blumen und/oder Grünanlagen architektonisch gegliedert" oder, so Wikipedia, "das zentrale Thema und Raumelement des Städtebaus" – und weiter: "Zentrale Plätze sind die 'gute Stube' vieler Städte und repräsentieren die Stadtherren oder Bürgerschaft."
Die Gebhard-Müller-Kreuzung
Von wegen gute Stube: Der Gebhard-Müller-Platz ist nichts als die große Straßenkreuzung zwischen Staatsgalerie, Opernhaus, Königin-Katharina-Stift und Stuttgart 21-Baustelle. Die vier-, an der Kreuzung siebenspurige Schillerstraße zwischen Wagenburgtunnel und Bahnhofsvorplatz trifft auf die Bundesstraße 14, in der einen Richtung Konrad-Adenauer-Straße, landläufig Kulturmeile genannt, in der anderen Willy-Brandt-Straße. Eine Ödnis. Einer der Gründe – neben den hausgemachten –, warum so wenig Besucher den Weg zum wichtigsten Museum des Landes finden.
2 Kommentare verfügbar
Peter Kurtenacker
am 01.06.2020