Dürfen's noch ein, zwei Milliarden mehr sein? Diese Frage kennen aufmerksame Beobachter der Kostenentwicklung um Stuttgart 21 zur Genüge. Und wie bekannt, durften es letztendlich auch immer mehr Milliarden sein. Wenn auch mit der bizarren Folge, dass sich das Land und die Stadt Stuttgart einen nun schon über vier Jahre dauernden Rechtsstreit um die Übernahme der Mehrkosten liefern, Ende nicht absehbar.
Dass es auf einmal 5,45 Milliarden mehr sein dürfen, das aber ist dann doch eine neue Größenordnung. So hoch ist jedenfalls der Betrag, den der Münchner Verkehrsberater Karlheinz Rößler in einer neuen Studie als Kosten für vier S-21-Ergänzungsprojekte schätzt, die gerade in der Diskussion sind: Erstens ein Gäubahntunnel, der östlich von Sindelfingen beginnend zum neuen Filderbahnhof führen soll – Steffen Bilger, CDU-Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, hat diese Idee vergangenes Jahr aus dem Hut gezaubert. Zweitens ein Zulauftunnel im Norden unter Stuttgart-Zuffenhausen für die aus Mannheim kommende ICE-Strecke. Drittens die sogenannte P-Option, ein Verbindungsstück für die nördlichen Zulaufstrecken im Bereich Prag. Und viertens ein unterirdischer Ergänzungs-Kopfbahnhof, in den unter anderem die bestehende Strecke der Gäu- bzw. Panoramabahn führen soll, wie ihn im Juli 2019 Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) in die Diskussion gebracht hat.
Für all diese Projekte gibt es bislang noch keine offiziellen Zahlen, da sie über den Stand der planerischen Idee – oder "Fiktion", wie es Hermann im Falle des Gäubahntunnels nennt – noch nicht hinausgekommen sind. Und so intensiv Bilger auch für seine Tunnelidee trommelt, immer noch nicht geliefert hat sein Haus die ursprünglich bereits für Ende 2020 angekündigte Wirtschaftlichkeitsberechnung des Gäubahntunnels, die naturgemäß auch eine Kostenprognose enthalten muss.
Noch fehlen detaillierte Baupläne
Rößler war da schneller mit seiner Studie, die er im Auftrag des Aktionsbündnisses gegen Stuttgart 21 angefertigt hat. Auch wenn er noch auf keine detaillierten Baupläne zurückgreifen kann, sondern "nur auf ganz grobe Skizzen". Doch alleine durch die bekannten Eckpunkte und die Orientierung an vergleichbaren, bereits gebauten oder im Bau befindlichen Tunnelprojekten lässt sich das erstellen, was sein Gutachten laut Eigenbezeichnung ist: eine "Grobabschätzung". Mit dieser Methodik hat Rößler, als Teil des Verkehrsberatungsbüros Vieregg & Rößler, in der Vergangenheit schon Kostenschätzungen zu S 21 erstellt, die sich im Nachhinein als erstaunlich präzise erwiesen.
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Wolfgang Zursiedel
am 10.03.2021