Stellen Sie sich einmal eine Umfrage in Deutschland vor, bei der gefragt wird, wer, welches der 28 Völker, die bis vor kurzem die Europäische Union gebildet haben, zu den Sorgenkindern dieser Union gehöre, wer besonders viel dazu beigetragen hat, dass es Europa offenkundig nicht so gut geht.
Da würden natürlich die Briten genannt, die nun einfach davonlaufen, obwohl viele dabei ein ungutes Gefühl im Magen haben, auch unter denen, die für den Brexit gestimmt haben. Da wäre von den Ungarn und Polen die Rede, deren Regierungen auf die Einwände aus Brüssel pfeifen, wenn sie ihre eigene Art von Demokratie ausprobieren. Da wäre von den ach so faulen Griechen die Rede, für die wir Milliarden ausgeben, ohne dass sie wieder auf die Beine kommen, von den Italienern, die eben nicht sparen können, den Spaniern, die keine Arbeit haben für ihre jungen Leute.
Wir Deutschen, so fürchte ich, kämen in dieser Liste gar nicht vor. Wir sind doch alle, auch alle Parteien außer den ganz Rechten, treue Europäer, wir halten nicht nur die Maastrichtkriterien ein, wir produzieren ausgeglichene Haushalte. Unsere Kanzler, von Adenauer angefangen, ob schwarz oder rot, waren die Freunde der französischen Präsidenten.
Die Deutschen sind keine Heiligen
Wenn wir Deutschen, wie Sie und ich, heute, am Pfingstsonntag etwas für Europa tun wollen, dann müssen wir all dies erst einmal vergessen. Der Heilige Geist ist nicht der Geist derer, die sich für Heilige halten. Dass wir die größten Profiteure der Europäischen Union sind, haben wir uns nicht ausgedacht, auch nicht erschlichen, aber es war vorauszusehen: Wären wir heute noch der souveräne Nationalstaat mit der Deutschen Mark als Währung, so wäre die Mark so überbewertet und unsere Exporte für andere so teuer, dass sie von selbst zurückgingen. Die gemeinsame Währung mit wirtschaftlich schwächeren Staaten verhindert, dass unser Export auf die sonst übliche Weise gebremst wird. Auch wenn dies nicht alle Deutschen wissen, unsere Nachbarn wissen es.
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Eric Raasch
am 10.06.2017