Dem Immobilienmarkt im Südwesten der Bundesrepublik scheint nach langjähriger Blasenbildung die heiße Luft auszugehen. Bei Bestandswohnungen in Baden-Württemberg sackten die Kaufpreise im zweiten Quartal 2023 um 7,5 Prozent ab, Häuser verbilligten sich um 4,9 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Der Abwärtstrend scheint sich sogar zu beschleunigen. Denn im ersten Quartal dieses Jahres meldete der Immobilienverband Deutschland Süd (IVD) einen Preisrückgang bei Einfamilienhäusern in Baden-Württemberg um drei Prozent, bei Reihenhäusern betrug er 2,8 und bei Eigentumswohnungen 2,4 Prozent.
Bundesweit macht sich ein ähnlicher Trend bemerkbar. Im Jahresvergleich ist der durchschnittliche Kaufpreis für Wohnimmobilien im ersten Quartal 2023 in Deutschland um 6,8 Prozent eingebrochen, was den stärksten Preisverfall seit dem Beginn der Erhebung dieser Datenreihe im Jahr 2000 markiert. Inflationsbereinigt sollen die Preise deutschlandweit sogar um 20 Prozent binnen eines Jahres zurückgegangen sein. Es ließe sich sogar argumentieren, dass die Einbrüche auf dem Wohnungsmarkt in Baden-Württemberg besonders stark ausfallen, da deutschlandweit sich der Preisrückgang im zweiten Quartal verlangsamte: auf zwei Prozent bei Häusern und 1,6 Prozent bei Wohnungen.
In vielen östlichen Regionen Deutschlands, wie etwa dem unter Entvölkerung, Frauenmangel und Rechtsextremismus leidenden Sachsen, ist der Abwärtstrend bei Eigentumswohnungen schon länger – seit Mitte 2022 – wirksam. Doch selbst in den auf Dauerboom programmierten Metropolenregionen Deutschlands, wo sinkende Immobilienpreise ein Novum darstellen, ist der Wertverfall bemerkenswert: In Berlin liegt der Rückgang bei sechs, in Frankfurt bei neun und in Hamburg bei zwölf Prozent.
Das Eigenheim bleibt trotzdem unbezahlbar
Das "Betongold" wird somit billiger. Was aber nicht heißt, dass des Bürgers größter Traum, das Eigenheim, nun für mehr Menschen in greifbare Nähe rücken würde. Denn die Zinssätze für Wohnungsbaukredite haben sich seit ihrem historischen Tief Ende 2021 mehr als verdreifacht. Immobilienkredite mit langjähriger Zinsbindung konnten 2021 mit Zinssätzen von einem Prozent abgeschlossen werden, während es im Februar 2023 schon 3,6 Prozent waren – Tendenz steigend. Somit entstehen für angehende Immobilienkäufer:innen oder Bauherren Zusatzkosten von mehreren hundert Euro pro Monat. Dieser Anstieg der Zinslast führte zu einem drastischen Einbruch der Nachfrage nach Immobilienkrediten, die sich nach Angaben der Bundesbank im vergangenen April um rund die Hälfte gegenüber dem Vorjahreszeitraum reduzierte.
Die rasch steigenden Kreditkosten sind Folge der Zinswende der europäischen Geldpolitik. So hofft die EZB, mit einer Anhebung der Leitzinsen die Inflation in der Eurozone bekämpfen zu können. Der Leitzins im Euroraum, wo noch 2021 faktisch Negativzinsen herrschten, befindet sich – nach zwei Prozent im November 2022 und 3,5 Prozent im Mai 2023 – schon bei vier Prozent. Angesichts der hartnäckigen Teuerungsdynamik, die im Euroraum im Juni noch immer bei 6,1 Prozent lag, ist mit einem baldigen Ende der Leitzinserhöhungen – und somit der korrespondierenden Misere im jahrelang boomenden deutschen Immobiliensektor – nicht zu rechnen.
1 Kommentar verfügbar
Mainhesse
am 03.08.2023Glücklicherweise ist der Artikel weitaus besser, als sich angesichts des einleitungstextes zu erwarten gewesen wäre.
Denn Bestandsmieten haben überhaupt…