Agrarminister Peter Hauk (CDU) war von 2005 bis 2010 schon einmal im Amt, hätte allein deshalb jede Möglichkeit gehabt, die Weichen anders zu stellen. Und der Skandal im Schlachthof von Tauberbischofsheim, der im Februar 2018 wegen gravierender Mängel geschlossen werden und nur einen Tag nach der Wiedereröffnung im April desselben Jahres erneut zumachen musste, bot erneut die große Chance, zumindest Versäumtes nachzuholen. Mit einem vielversprechend angekündigten Monitoring sollte Entscheidendes besser werden. Seit damals also stehen alle 44 Schlachthöfe im Südwesten unter besonderer Beobachtung. Und der Minister ebenso. Das reichte aber wieder nicht aus, um Missstände tatsächlich abzustellen.
Hauk spricht von hundertprozentiger Kontrolle – falsch
Denn der Teufelskreis ist geschlossen: Es gibt zu wenig festangestelltes Personal, es gibt zu wenige VeterinärInnen, es gibt zu wenige Kontrollen. Nach der Veröffentlichung der Biberacher Bilder wehrte sich die Landestierärztekammer sogar hochoffiziell. Der Minister hatte erklärt, es gebe bei der Betäubung eine hundertprozentige Kontrolle durch Amtstierärzte. "Diese Darstellung ist falsch", heißt es in einer Stellungnahme, denn eine solche Personalabdeckung gebe es für Lebensmittelsicherheit und Verbraucherschutz, nicht aber für den Tierschutz. Und: "Einem zuständigen Fachminister müssten die wesentlichen Zusammenhänge der Überwachung an einer Schlachtstätte eigentlich geläufig sein." Für eine "hundertprozentige" Kontrolle vor Ort reiche die vorhandene Personaldecke eben nicht aus, und deshalb werde lediglich "regelmäßig und risikoorientiert nach vorliegenden Erkenntnissen" hingeschaut.
Das war gewollt. Hauk sitzt seit 1992 als Abgeordneter im Landtag und kennt deshalb ganz genau die Auswirkungen der Verwaltungsreform, die damals als "groß" bezeichnet wurde. Die Reform sollte den Landeshaushalt entlasten unter anderem durch die Übertragung von Aufgaben an die Landkreise und die Reduzierung von Beschäftigten. Jetzt verspricht der gelernte Förster Hauk mehr Personal, mehr Auflagen, mehr Überprüfungen und den freiwilligen Einsatz von Videokameras. Letztere stehen zu Recht im Verdacht, dass schon wieder abgelenkt werden soll. Denn erstens ist diese Form der Überwachung nur möglich, wenn alle Beteiligten einverstanden sind, und zweitens ungeklärt, wer sich die stundenlangen Aufzeichnungen der Abläufe in Schlachthöfen ansehen kann und muss. Nach vier Wochen sollen sie gelöscht werden – so dass allfällige Defizite möglicherweise deshalb nicht bekannt und abgestellt werden, weil niemand die Zeit zur Auswertung von Aufnahmen hatte.
Erzübel: Schmale Gewinnmargen
Unbestritten und schon lange als ein Erzübel ausgemacht sind die schmalen Gewinnmargen der Branche und der riesige Aufwand für alle, die seriös und ernsthaft an Tierwohl und Qualität orientiert vorgehen (Link zu den Erzeugerrichtlinien). Hauk denkt deshalb laut über einen Mindestpreis nach, weil Fleisch nicht als Ramschware über die Ladentheke gehen dürfe. Allerdings erst "neuerdings", schränkt Weber ein und erinnert sich, wie ihn der Minister einen "grünangehauchten Fundamentalsozialdemokraten" hieß, als er diesen Vorschlag als einen von mehreren in die Debatte warf. Denn Mindestpreise allein geben KonsumentInnen noch nicht die entscheidenden Hinweise.
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Manfred Lieb
am 29.12.2020