Raduan S. (Name geändert) stammt ursprünglich aus dem Süden Syriens, ist in Jaramana aufgewachsen, nur wenige Kilometer südlich der syrischen Hauptstadt Damaskus. "Wir waren die Ersten, die den Sturz Assads gefeiert haben. Aber heute haben wir das Gefühl, dass wir auf eine ungewisse Zukunft zusteuern. Wir leben in Angst um unser Volk in der Heimat", sagt der drusische 50-jährige Familienvater. Vor zehn Jahren kam er nach Europa, seit einem Jahr lebt er in Stuttgart, hier hat er sich selbstständig gemacht. Über die Lage der Drus:innen in seinem Herkunftsland öffentlich zu sprechen, fällt ihm nicht leicht – aus Sorge um Familienmitglieder, die in Syrien leben, aus Angst vor möglichen Repressalien.
Der Grund seiner Sorge sind die gewaltsamen Ausschreitungen Ende April. Bewaffnete Sunniten, mutmaßlich Unterstützer der neuen syrischen Regierung unter Ahmed al-Scharaa, griffen die drusisch geprägten Städte Jaramana und Sehnaya bei Damaskus sowie in der südlichen Provinz Suweida an. Die staatliche Nachrichtenagentur Sana sprach von "Gruppen von Gesetzlosen". Auslöser war eine in sozialen Medien verbreitete Tonaufnahme, in der ein drusischer Geistlicher angeblich den Propheten Mohammed beleidigt haben soll. Der Geistliche bestritt zwar, dass die Aufnahme echt sei, selbst das syrische Innenministerium deklarierte sie als Fälschung. Dennoch eskalierte die Lage – auf den Straßen, in Universitäten und in den sozialen Medien. In den Kämpfen ließen über 100 Menschen ihr Leben, darunter auch Mitglieder der syrischen Sicherheitskräfte.
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