Francisco Mari vom evangelischen Hilfswerk Brot für die Welt sieht die gravierenden Konsequenzen des russischen Krieges gegen die Ukraine für den globalen Süden deutlich vor sich. Und doch möchte er kein Katastrophenszenario an die Wand malen. Er fühle sich fast wie eine Art Verräter, wenn er zu einer differenzierten Sicht der Dinge aufruft, sagt er im Gespräch mit Kontext, während ukrainische Städte von russischem Militär belagert und beschossen werden und dort täglich Menschen sterben. Die Ausgangssituation, sagt er, sei klar: Die Ukraine und Russland zählen neben den USA, Kanada und der EU zu den fünf wichtigsten Weizenexporteuren. Auf beide Länder entfallen rund 30 Prozent der weltweiten Ausfuhren. Aber hilft es jetzt wirklich, den europäischen Export von Getreide anzukurbeln und landwirtschaftliche wie ökologische Errungenschaften – hier genauso wie in afrikanischen Ländern – einer akuten Kriegsproduktion unterzuordnen?
Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) hat am vergangenen Freitag einen Sondergipfel der Agrarminister der G7-Staaten einberufen. Zuvor hatte die Welthungerhilfe zurecht davor gewarnt, dass "gerade die Ärmsten von den gravierenden Engpässen auf dem Weltmarkt und den explodierenden Nahrungsmittelpreisen betroffen sind". Die Hilfsorganisation weist aber auch darauf hin, dass schon die Corona-Pandemie mit Einkommensverlusten und gestörten Lieferketten dazu geführt hätte, dass die Zahl der Hungernden weltweit auf bis zu 811 Millionen gestiegen sei, dazu kämen Wetterextreme und Ernteausfälle wegen des Klimawandels. "Weitere Preisanstiege durch den Krieg in der Kornkammer Europas werden die Ernährungslage für Millionen Menschen erheblich verschlimmern."
Die Preise sind auch wegen Wetterextremen gestiegen
Der Bonner Agrarökonom Matin Qaim bestätigt diese Einschätzung, betont aber auch, dass schon vor dem Krieg in der Ukraine die Situation auf den Weltagrarmärkten angespannt gewesen sei wegen gestiegener Preise für Getreide oder Ölsaaten. Die Gründe: schlechte Ernten aufgrund von Wetterextremen, eine steigende Nachfrage auf dem Weltmarkt, hohe Preise für Düngemittel und hohe Energie- und Transportkosten.
Während Minister Özdemir versichert, dass es keine Versorgungsengpässe in Deutschland geben werde, warnt er gleichzeitig vor einer Hungerkrise in Afrika und wirft dem russischen Präsidenten Wladimir Putin vor, Hunger als Waffe einzusetzen. Auch das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) befürchtet insbesondere für den afrikanischen Kontinent eine spürbare Verschlechterung der Versorgungssituation.
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Heiner Petersen
am 22.03.2022Der Hinweis auf die Zerstörung der lokalen Märkte durch subventionierten…