Ein Rehfell hängt von der Decke. Die Wirbelsäule eines Wildschweins windet sich unter dem lauten Geräusch einer mechanischen Vorrichtung. Die junge Künstlerin Josephine Boger hat sich selbst an Barbara Karsch-Chaïeb gewandt, weil sie ihre Abschlussarbeit an der Stuttgarter Kunstakademie in deren Projektraum ausstellen wollte, den sie "kunst [ ] klima" nennt. Vor drei Jahren, nach dem Ende der Corona-Kontaktbeschränkungen, zweigte sie den Raum ab von ihrem Hinterhof-Atelier im Stuttgarter Westen. Die Leerstelle in den eckigen Klammern deutet an, dass es zwischen den beiden Begriffen keine vorgegebene Verbindung gibt. Vielmehr muss diese mit jeder Ausstellung neu gefüllt werden.
Was hat es nun mit den tierischen Überresten auf sich? Josephine Boger setzt sich nicht nur in ihrer Kunst mit der Endlichkeit auseinander, sie arbeitet auch in einem Bestattungsinstitut. An der Jagd auf das Reh, dessen Fell ausgestellt ist, hat sie teilgenommen, das Fell selbst abgezogen und mit Leinöl und Eigelb gebeizt. Gerne wandert sie in Nordschweden und stellt sich vor, wie es wäre, selbst für ihr Überleben sorgen zu müssen.
"Dust, and to dust you will return", lautet der Ausstellungstitel. In der Lutherbibel heißt es: "Denn du bist Erde und sollst zu Erde werden." Barbara Karsch-Chaïeb arbeitet häufig mit Erde. Sie verwendet nicht handelsübliche Erdpigmente wie Terra di Siena oder Umbra, um etwas darzustellen, sondern will die Materialität der Erde zum Vorschein bringen, die sie zum Beispiel der Stuttgart-21-Baugrube oder dem Olga-Areal nahe bei ihrem Atelier entnimmt: Den Abbruch des Kinderkrankenhauses dort hat sie künstlerisch begleitet.
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