Seit zehn Jahren steht das Deserteursdenkmal vor dem Stuttgarter Theaterhaus. Das Werk des Bildhauers Nikolaus Kernbach aus Aulendorf, finanziert von 300 privaten Spendern, besteht aus zwei Teilen: In einem Granitquader ist die Silhouette eines Mannes ausgespart. Sie steht drei Meter weiter vorn.
Um zu wissen, was mit dem aus dem Block getretenen Mann gemeint ist, muss man die Inschrift auf einer Tafel lesen, die davor auf dem Boden liegt: "Den Deserteuren aller Kriege". Ohne die könnte es sich schlicht um ein Kunstwerk handeln, denn einen Bezug zwischen Deserteuren und dem Standort gibt es nicht. Die Skulptur steht dort nur, weil die Stadt Stuttgart, die das Denkmal zuerst abgelehnt und dann doch unterstützt hatte, seinerzeit keinen Ort für ihre Aufstellung anbieten wollte.
Damit ist Stuttgart nicht allein. In Mannheim steht ein Deserteursdenkmal, ursprünglich 1987 für München angefertigt, <link http: www.buecherladen-neckarstadt.de external-link-new-window>seit 1993 auf privatem Grund vor einem Buchladen. <link http: friedensdenkmal-karlsruhe.de external-link-new-window>In Karlsruhe muss man im Gewerbehof danach suchen, wo sich um einen Innenhof zahlreiche Betriebe und Initiativen angesiedelt haben. Das Ulmer Deserteursdenkmal, bereits 1983 vier Wochen in der Oberen Donaubastion aufgebaut, wurde 2005 nach 22-jährigem Exil in Neu-Ulm <link https: www.kontextwochenzeitung.de schaubuehne stadt-der-wissenschaft-und-des-militaers-4569.html internal-link-new-window>an den unteren Ausgang des Botanischer Gartens versetzt. An diesem abgelegenen Ort wurden im Dritten Reich die Deserteure erschossen.
Lange als Vaterlandsverräter beschimpft
Die Wehrmachts-Deserteure gehören zu den letzten Opfergruppen der NS-Diktatur, deren Haltung nach langer Zeit endlich Anerkennung findet. Lange Zeit als Vaterlandsverräter beschimpft, hat der Bundestag sie erst 2002 rehabilitiert, zusammen mit den Homosexuellen. Damit begann ein Umdenken. Seit 2008 gibt es im Französischen Viertel in Tübingen einen Platz des unbekannten Deserteurs, eingeweiht von Oberbürgermeister Boris Palmer. Auch Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz ließ es sich nicht nehmen, 2015 bei der Einweihung des <link https: www.kontextwochenzeitung.de schaubuehne wuerfeln-im-plattenbau-4613.html internal-link-new-window>großen Deserteursdenkmals direkt am Dammtor-Bahnhof dabei zu sein.
Lange hat es gedauert, bis die Erinnerung an die Untaten und Opfer der Nazis in der Mitte der Gesellschaft und in der Mitte der Stadt angekommen war. Auch in Stuttgart. Dabei gab es erste Initiativen schon direkt nach dem Krieg. "Die Juden Württembergs zum ewigen Gedenken ihren 2498 ermordeten Brüdern und Schwestern", steht auf einem bereits 1947 aus Trümmern der alten Synagoge errichteten Gedenkstein am Pragfriedhof. Auf dem Friedhof von Untertürkheim erinnern zwei Jahre später eine große Platte und zehn kleine Steine an die Widerstandsgruppe Schlotterbeck aus der Daimler-Arbeitersiedlung Luginsland: halb Grabmal, halb Mahnmal.
2 Kommentare verfügbar
Marla V.
am 11.10.2017Zwangssterilisation : Denkmäler?
Asoziale: Denkmäler?
"Als „asozial“ oder – synonym – „gemeinschaftsfremd“ galten…