Die Haushaltssperre ist das letzte Mittel einer Stadt, um sich vor der Zwangsverwaltung zu retten. Spart die Kommune nicht genügend ein, übernehmen die Aufsichtsbehörden oder die Landesregierung die Kontrolle über die Stadtfinanzen. Karlsruhe hat nun überraschend bis Mai eine Haushaltssperre verhängt, um eine drohende finanzielle Schieflage abzuwenden. Dies sei "zwingend notwendig", ist die Stadtverwaltung überzeugt. "Eine Ermessensentscheidung über das 'Ob' ist in dieser Situation grundsätzlich nicht mehr gegeben", so die Stadtkämmerei in einer Stellungnahme.
Durch fehlende Steuereinnahmen, zusätzlichen Mittelbedarf bei den städtischen Tochterfirmen und höhere Personalkosten würden bis zum Jahresende 50 Millionen Euro mehr fehlen als geplant – und geplant war im Haushalt 2025 bereits ein Minus von 45 Millionen Euro. Würde nichts unternommen, drohe 2025 dann ein Minus von fast 100 Millionen Euro, begründet die Verwaltung die Haushaltssperre. Bei einem solchen Fehlbetrag drohen neue Sparauflagen des Regierungspräsidiums für den etwa 1,8 Milliarden schweren Stadthaushalt. Die Gründe für die Notbremse sind vielschichtig. Allein bei den Verkehrsbetrieben und dem städtischen Klinikum werden in diesem Jahr Mehrkosten von 20 Millionen Euro erwartet. Dazu seien im Sozialbereich durch das Bundesteilhabegesetz höhere Ausgaben bei der Eingliederungshilfe, Beratung und Unterstützung in der Integration für die Stadt fällig. Wie alle Städte in Baden-Württemberg ist Karlsruhe zudem von geringeren Einnahmen betroffen. Die stagnierende Wirtschaftslage führt zu weniger Gewerbesteuer, und auch die Mittel aus dem kommunalen Finanzausgleich, der für einen gewissen Ausgleich zwischen reichen und armen Kommunen sorgt, werden knapper.
50 Millionen Euro einsparen
Um das nunmehr zutage getretene Defizit zu deckeln, greift die Stadt auf die immer noch recht gut gefüllten Rücklagentöpfe ihrer defizitären Tochtergesellschaften zurück: Bislang wurden etwa mithilfe der Verkehrsbetriebe, der Messe und des städtischen Klinikums die Verluste aus dem Stadthaushalt gedeckt. Nun sollen die städtischen Unternehmen ihr Defizit aus eigenen Rücklagen selbst finanzieren – zumindest bis zu einer Gesamthöhe von 35 Millionen Euro. Weitere 15 Millionen Euro sollen nach der "Rasenmäher-Methode" über alle Bereiche der Stadt eingespart werden. Bis Ende des Monats müssen die Dezernate ihre Sparvorschläge erarbeiten. Fest steht, dass fast 800.000 Euro in der Kultur gekürzt werden sollen, im Sozial- und Jugendhaushalt sind es sogar 3,5 Millionen Euro.
Der Spardruck könnte aber noch größer werden. Eine entscheidende Wegmarke bis dahin ist die Steuerschätzung des Bundes im Mai. Sollte das Steueraufkommen noch niedriger geschätzt werden als bislang, wird in Karlsruhe noch mehr gespart werden, kündigt die Stadt an.
Hohe Überschüsse und Fehlkalkulationen
Doch warum hat die Stadt eigentlich so wenig Geld? In den vergangenen Jahren erwirtschaftete sie mehrmals Überschüsse. So weist der zuletzt veröffentlichte Jahresabschluss der Stadt für 2023, bereinigt um Sondereffekte, ein Plus von 115 Millionen Euro aus. In den zwei Jahren davor sind es zusammen 63 Millionen Euro. Kalkuliert hatte die Stadt aber jeweils mit teils recht hohen Defiziten. Solche Planungsdefizite leiten auch politische Entscheidungen: Steht ein Defizit im Raum, dürfte manche sinnvolle Ausgabe und Investition abgelehnt werden. Ob aus übertriebener haushalterischer Vorsicht oder politischem Willen, fest steht, dass sich die Stadt allein in den vergangenen Jahren um 350 Millionen Euro verrechnet hat.
Die Stadtverwaltung jedoch hält solche Planungsfehler für kaum vermeidbar. Zu unwägbar seien neue Bundes- oder Landesgesetze, Fallzahlen im sozialen Bereich oder Erwartungen zur wirtschaftlichen Lage und dem Steueraufkommen. Die guten Ergebnisse der Vorjahre gingen vor allem auf höhere Steuereinnahmen zurück. In ganz Baden-Württemberg haben Kommunen von höheren Gewerbesteuern profitiert. In Karlsruhe kommt dazu, dass es einzelne Unternehmen gab, die 2023 teilweise durch Strafzahlungen für die Vorjahre besonders hohe Gewerbesteuern zahlen mussten.
3 Kommentare verfügbar
Thomas Albrecht
am 20.03.2025OK, aber das Mobilitätsgesetz sieht ja immerhin Einwohner:innenbeitrag und Kfz-Halter:innenbeitrag vor. Das muss…