Die steigenden Kosten im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) spüren vor allem die Großstädte. Die Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) wies 2023 ein Defizit von 38 Millionen Euro aus, die Freiburger VAG ein Minus von 23 Millionen Euro und die Stadt Heidelberg wendete mehr als 20 Millionen Euro für den ÖPNV auf. In Karlsruhe musste die Stadt sogar fast 100 Millionen Euro für die eigenen Verkehrsbetriebe aufwenden, Tendenz steigend. Auch aufgrund der hohen Verluste im Nahverkehr verhängte die Stadt Anfang des Jahres gar eine Haushaltssperre. Bundesweit rechnen die Verkehrsunternehmen mit einem Bedarf von 15 Milliarden Euro bis 2030 allein für den laufenden Betrieb.
Vor allem um ein besseres Angebot zu schaffen, will die baden-württembergische grün-schwarze Landesregierung nun als erstes Bundesland den Mobilitätspass einführen. Dabei sollen jeweils unterschiedliche Gruppen eine verpflichtende Nahverkehrsabgabe zahlen und erhalten dafür in gleicher Höhe ein Guthaben, das sie für Tickets im Nahverkehr einsetzen können. Das Konzept: Alle, die ohnehin schon regelmäßig den ÖPNV nutzen, zahlen nicht mehr und alle, die anderweitig unterwegs sind, sollen zum Umstieg animiert werden. Die Abgabe soll von den Kommunen erhoben und die zusätzlichen Einnahmen in den Ausbau des ÖPNV-Netzes gesteckt werden. Ob die Abgabe tatsächlich vor Ort erhoben wird, entscheiden die Kommunen selbst. Voraussetzung ist, dass das ÖPNV-Netz bestimmte Mindestanforderungen erfüllt. So soll in den Hauptverkehrszeiten in Großstädten mindestens ein 15-Minuten-Takt eingerichtet sein. Im ländlichen Raum muss alle 30 Minuten ein Bus oder eine Bahn kommen.
Die Landesregierung will den Kommunen nun zwei Möglichkeiten der Nahverkehrsabgabe eröffnen. Entweder könnten Städte und Gemeinden künftig von all ihren Einwohner:innen einen Beitrag für den Nahverkehr erheben. Oder sie nehmen eine Abgabe von allen, die ein Auto haben. In beiden Fällen sollen die Gebühren beim Kauf beispielsweise des Deutschland-Tickets verrechnet werden. "Nachdem die Nahverkehrsabgabe geleistet wurde, kaufen die Einwohnerinnen und Einwohner bzw. die Kfz-Halterinnen und -Halter ihre ÖPNV-Zeitkarten über die gewohnten ÖPNV-Vertriebswege – also im Netz, per App, am Schalter oder am Automaten", heißt es vom Landesverkehrsministerium auf Anfrage.
Arbeitgeberabgabe und City-Maut gestrichen
Ursprünglich wollte das Verkehrsministerium den Kommunen weitere Möglichkeiten eröffnen, ihren ÖPNV zu finanzieren: eine City-Maut für alle, die mit dem Auto in die Stadt fahren, oder eine Arbeitgeberabgabe, die die Unternehmen für jeden ihrer Beschäftigten leisten sollten. Im Entwurf zum Landesmobilitätsgesetz sind diese beiden Varianten aber nicht mehr enthalten. Zu groß war der Widerstand bei der CDU. Alle vier Varianten waren vorher in Modellprojekten und Studien getestet worden. Sowohl die City-Maut als auch die Arbeitgeberabgabe seien für die beteiligten Kommunen "gut denkbar" gewesen, so das Verkehrsministerium. "Andere Akteure haben dies kritischer gesehen, weshalb die koalitionäre Einigung diese nicht berücksichtigt hat."
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Frübis Johannes
am 26.02.20253 Minuten vor Abfahrt der Bahn erfahre ich und ca. 200 weitere Kunden via Lautsprecher, das die Regionalbahn in Mannheim 30min später abfährt.
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