Markus Frohnmaier (AfD) redet keine zwei Minuten, als er das erste Mal ins Mikrofon lügt: Beim Themenblock Meinungsfreiheit kommt er auf den Fall einer 16-Jährigen Schülerin aus Mecklenburg-Vorpommern zu sprechen, die angeblich wegen eines harmlosen Schlumpf-Videos auf TikTok von der Polizei als Gefährderin angesprochen worden sei – tatsächlich ging es aber um ausländerfeindliche Inhalte in verschiedenen Fällen, die seitens der Behörden zwar nicht als rechtswidrig, aber dennoch als staatsschutzrelevant eingestuft wurden.
Weder Boris Palmer (parteilos) noch Moderator Joachim Knape widersprechen auch nur einer von unzähligen Falschaussagen, die der AfD-Spitzenkandidat für die bevorstehende Landtagswahl in Baden-Württemberg in der Tübinger Hermann-Hepper-Halle verbreitet. Viele Zuhörer:innen halten die Podiumsdiskussion nicht bis zum Ende durch, verlassen fassungslos den Saal, bis sich die Applauslautstärke der verbliebenen Gäste bei Palmer und Frohnmaier ausgleicht. Der Plan des Tübinger Oberbürgermeisters, die AfD durch inhaltliche Argumente zu entzaubern, geht – wie zu erwarten war – nicht auf.
Doch der Reihe nach: Am 19. Juli wollte die AfD mit gerade einmal 35 Leuten durch Tübingens Innenstadt ziehen. Ein überschaubarer Aufmarsch, der vermutlich von Gegenprotesten in den Schatten gestellt worden wäre: Mehr als tausend Menschen meldeten sich zu Protesten an, um die Rechtspopulisten lautstark zu übertönen. Für den Einzelhandel drohten nach Einschätzung des Oberbürgermeisters sechsstellige Umsatzeinbußen im Sommerschlussverkauf, für die Polizei ein Großeinsatz mit unklaren Risiken. Daher zog Palmer die Notbremse – und ließ sich auf einen Deal mit den Rechten ein: Die AfD sagte ihre Kundgebung ab, im Gegenzug versprach Palmer, sich mit ihrem Landeschef Markus Frohnmaier am 5. September zu einem Streitgespräch zu treffen. Die Kosten dafür sollen rund 15.000 Euro betragen, die AfD übernimmt sie.
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