Zweifel am Nutzen
Der Nutzen der neuen Turmbergbahn wird auf der anderen Seite bezweifelt. Dazu wird die Gestaltung kritisiert. Die Trasse soll auf dem Grünstreifen eines alten gewachsenen Wohngebiets entstehen. "Die Magnolienallee in der Bergbahnstraße – zerstört. Ein ganzes Wohngebiet durch ein massives Bauwerk – zerschnitten. Nutzwert der verlängerten Bergbahn für Anwohner – Null", sagt Lüppo Cramer von der Karlsruher Liste, einer alten Abspaltung von den Grünen. Ebenso sieht der Gestaltungsbeirat der Stadt Karlsruhe unter anderem in dem geplanten Zaun zwischen Wohnhäusern eine "gestalterisch abzulehnende Barriere" und fordert, auf die Verlängerung der Strecke der Turmbergbahn zu verzichten.
Auch die Gegner:innen der neuen Turmbergbahn wollen, dass künftig eine Bahn auf den Berg fährt. Dazu solle der Neubau jedoch auf den bestehenden Streckenverlauf begrenzt und die jetzige Abfahrtsstation beibehalten werden. Um mobilitätseingeschränkte Menschen die 300 Meter von der Straßenbahnstation Turmberg zur Talstation zu bringen, solle ein Busverkehr eingerichtet werden. Dies könne von bestehenden Buslinien erledigt werden, sind sie überzeugt. Eine solche Lösung würde die nötigen Investitionskosten um etwa zehn Millionen Euro reduzieren, geht aus Berechnungen der VBK hervor.
Vorentscheidung gefallen
Doch bislang steht die Mehrheit der Karlsruher Parteien und Fraktionen für die neue, verlängerte Turmbergbahn. Eine erste Tendenz zeigte sich bei der Abstimmung im Ortschaftsrat des Karlsruher Stadtteils Durlach. Mit 12 Ja- gegen fünf Nein-Stimmen votierte der Rat für das Projekt. Doch wie umstritten die Entscheidung vielfach ist, zeigte sich auch darin, dass sich in mehreren Fraktionen einzelne Abgeordnete gegen die Entscheidung der Fraktionsmehrheit stellten. Die wenige Tage später geplante Abstimmung im Gemeinderat wurde vorschoben, da es aus Sicht von mehreren Fraktionen noch zu viele offene Fragen gab.
Klar entschieden gibt sich dabei die Partei des Oberbürgermeisters Frank Mentrup (SPD). "Wer etwas lösen will, sucht nach Lösungen. Wer etwas nicht lösen will, sucht nach Argumenten", klagt SPD-Stadtrat Mathias Tröndle über die "lautstarke Kritik" an der Verlängerung der Turmbergbahn. Seit dem Beginn der Planungen im Jahr 2017 seien der "Worte genug gewechselt", die Politik müsse jetzt entscheiden. Für ihn ist die vorliegende Planung letztlich gar "alternativlos", da sonst das Naherholungsgebiet auf dem Turmberg "im Autoverkehr ersticken" würde. Auch die Grünen wollen die verlängerte Turmbergbahn. "Durch die Integration in den ÖPNV wird der Turmberg ein barrierefrei und erschwinglich erreichbares Ziel für alle", heißt es von der größten Fraktion im Karlsruher Gemeinderat.
Die Prognosen der Fahrgastzahlen seien "ein klein wenig hoch angesetzt", heißt es aus der CDU-Fraktion. Statt der geplanten 260.000 Fahrgäste im Jahr sei eher mit etwa 170.000 zu rechnen, sagt Andreas Kehrle (CDU). Trotz der "wenig rosigen Haushaltslage" würde dies aber auch für einen wirtschaftlichen Betrieb ausreichen. Kritischere Stimmen sehen in den optimistischen Verkehrsprognosen hingegen einen Versuch, den Nutzen des Projekts künstlich hochzurechnen. In der Vergangenheit wurde die Turmbergbahn von etwa 120.000 Fahrgästen pro Jahr genutzt.
Die Debatte um die Turmbergbahn offenbart, wie stark das Misstrauen gegenüber städtischen Großprojekten in Karlsruhe inzwischen gewachsen ist. Selbst wenn die Notwendigkeit des Ausbaus des öffentlichen Nahverkehrs kaum bestritten wird und es dabei nur um einen kurzen Weg auf den Berg geht.
4 Kommentare verfügbar
armin seideneder
vor 1 WocheDie Aussage: „Durch die direkte Anbindung an das Liniennetz mittels einer Unterführung für Fußgänger:innen könnten mehr Menschen den öffentlichen…