Frau Krkoutli, Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat beim Länderrat Ihrer Partei angesichts des Drucks von allen Seiten auf die Grünen Wolf Biermanns Liedzeile zitiert: "Du, lass dich nicht verhärten, in dieser harten Zeit." Angewandt auf den Asylbeschluss der Europäischen Union vom Samstag heißt das was?
Robert hat recht, wir sind in harten Zeiten, die Grünen werden von vielen Seiten scharf kritisiert, viele Menschen sind verunsichert. Wir hatten die Pandemie, wir haben wieder Krieg in Europa. Aber was heißt das? Dass wir unserer historischen Verantwortung nicht mehr gerecht werden, dass unsere Überzeugungen nicht mehr gelten? Dass darf doch gerade in harten Zeiten nicht sein. In der Asyldebatte haben unsere Regierungsmitglieder vergessen, dass wir nicht irgendwann, sondern im Bundestagswahlprogramm vor zwei Jahren entschieden haben, das Sterben im Mittelmeer beenden zu wollen. Und wir haben uns ausdrücklich auf ein Vorgehen an den Außengrenzen festgelegt, das keine vorgezogene Asylverfahrensprüfungen vorsieht, sondern allein einen ersten Check, ob es Einträge in sicherheitsrelevanten Datenbanken gibt. Ich habe eine ganz andere Definition davon, sich nicht verhärten zu lassen. Es stimmt, dass man keine große Zustimmung in der EU erfährt für eine humane, solidarische Flüchtlingspolitik und für die Eröffnung legaler Einwanderung. Aber das war vor zwei Jahren auch schon so. Wenn wir jetzt unsere Position räumen, sind wir da hart, zu hart. Und wir öffnen einem weiteren Rechtsruck Tür und Tor.
Bei einem deutschen Nein wäre der EU-Asylkompromiss gescheitert.
Es hätte weiterverhandelt werden müssen. Und zwar auf Basis des Koalitionsvertrag der Bundesregierung. Darin ist eine humane Asylpolitik in Aussicht gestellt und wortwörtlich festgehalten, dass wir bessere Standards für Schutzsuchende in den Asylverfahren wollen. Wir wissen bis heute nicht, wie es überhaupt zu diesem Kompromiss kam. Da gibt es keine Transparenz und keine Rückkoppelung mit der Partei. Uns wurde im Vorfeld immer wieder erzählt, Deutschland werde, wenn es bei den Verhandlungen in Luxemburg eigene Positionen nicht durchsetzen könne, entweder ablehnen oder sich enthalten. Und dann kam plötzlich die Zustimmung. Das geht doch nicht.
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Heide
am 05.07.2023