Herr Hermann, Sie sind ans andere Ende der Welt gejettet, um die Eröffnung einer Produktionsanlage für Synthese-Sprit zu feiern, der hierzulande Porsche-Sportwagen antreiben soll. Sind Sie auch ein Verbrenner-Fan?
Bestimmt nicht. Ich habe in Chile, wie Porsche-Vorstand Steiner übrigens auch, betont, dass für Pkw batterie-elektrische Antriebe perspektivisch die beste Lösung für das Erreichen der Klimaschutzziele sind. Aber für große Flugzeuge und Überseeschiffe haben wir keine Batterien und keine Oberleitung. Für diese Verkehrsträger brauchen wir synthetische Kraftstoffe auf erneuerbarer Basis. Dennoch: Bis 2035 fahren 1,3 bis 1,5 Milliarden Verbrennerautos auf der Welt rum. Und auch wenn sie danach in Europa nicht mehr als Neufahrzeuge zugelassen werden dürfen, dauert es 20 bis 30 Jahre, bis alle vom Markt sind. Solange muss auch die Bestandsflotte einen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Etwa über steigende Beimischungsquoten von E-Fuels im Kraftstoff. Ich kenne die Kritik an E-Fuels, ich weiß auch, dass sie energieintensiv sind. Aber sollen wir zuschauen, wie die Verbrenner weiter den Planeten ruinieren?
Natürlich nicht. Aber E-Fuels sind rar, weil es an sauberem Strom für ihre Herstellung mangelt. Derzeit ist weltweit knapp 22 Prozent des Stroms erneuerbar. Erst im nächsten Jahrzehnt sollen größere Mengen E-Fuels zu bezahlbaren Preisen verfügbar sein. Solange sollten doch zuvorderst Flugzeuge oder Schiffe damit betankt werden und nicht ein Porsche 911, dessen Besitzer auch im vollelektrischen Taycan oder mit der S-Bahn zum Nobelitaliener in der Stuttgarter City fahren kann.
Das Unternehmen HIF Global, das die E-Fuels-Anlage in Patagonien betreibt, wurde von einem chilenischen Unternehmer gegründet, der viel Geld unter anderem in der Energiewirtschaft verdient hat. Sein Motiv ist, das Klima nicht weiter mit fossilen Energien anzuheizen. Er stammt aus Patagonien und will seinem Land durch E-Fuels auch eine Entwicklungschance geben. Porsche ist an HIF Global mit gerade mal elf Prozent beteiligt und hat sich für seine Sportwagenflotte eine überschaubare Abnahmemenge gesichert. Aber Porsche sagt auch, dass dort, wo batterieelektrische Lösungen und Brennstoffzellen nicht geeignet sind, synthetische Kraftstoffe auf erneuerbarer Basis gebraucht werden.
Nochmal: Solange Wind- und Solarstrom so knapp sind, sollte man nicht verschwenderisch sein. Die Produktion eines Liters E-Fuel verbraucht rund 27 Kilowattstunden Strom. Ein sparsames E-Auto fährt mit dieser Strommenge 200 Kilometer weit. Der Motor eines Verbrenners macht mit einem Liter Synthesesprit schon nach 20 Kilometern schlapp.
Dass wir zu wenig erneuerbare Energien haben, das trifft auch Batterieautos. Wir brauchen eine erhebliche Steigerung der sauberen Stromproduktion. Und da ist Patagonien besonders geeignet, weil dort ständig ein kräftiger Wind weht. Der wird bisher nicht geerntet, und wenn, dann kann er aufgrund dünner Besiedlung und wenig Industrie in der Region nicht verbraucht werden. Die chilenische Regierung, mit der ich Gespräche geführt habe, will das Land zu einem Exportland von grünen Energien machen. Weil man Strom nicht exportieren kann, muss man die saubere Energie als Wasserstoff oder Methanol verschiffen. Wenn in Chile dreimal so viel Wind weht wie in Baden-Württemberg, ist auch die Effizienz bei der Herstellung erneuerbarer Kraftstoffe eine andere.
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Bernd L.
am 09.02.2023