Er macht Ansagen ohne Umschweife. Zu mehr hätte Uwe Lahl auch gar keine Zeit. Schließlich steht das von Manfred Lucha (Grüne) geführte Gesundheits- und Sozialministerium seit Beginn der Corona-Pandemie Anfang 2020 unter Dauerstress. Im März wurde Lahl hier zum Amtschef berufen. In "verrückten Zeiten" wie er findet. Immerhin muss er aufgrund des Infektionsgeschehens das Ministerium digital leiten.
Typisch für den inzwischen 70-Jährigen ist, dass er der schwierigen Situation positive Seiten abgewinnen kann. "Früher haben sich die Menschen vor meinem Büro gestapelt", erinnert er sich. Heute komme er überraschend gut mit dem System der Videokonferenzen zurecht. Besprechungen im 30- oder manchmal sogar 15-Minuten-Takt, wie in diesen Zeiten oft nötig, wären anders gar nicht möglich. Lahl räumt ein, dass das Zwischenmenschliche dabei ein bisschen auf der Strecke bleibe. Deshalb habe er sich vorgenommen, kein Gespräch mit Mitstreiterinnen und Mitstreitern zu führen, in dem nicht mindestens einmal gelacht werde.
Angesichts der angespannten Lage laute eine beliebte E-Mail von ihm "Halte weiter durch". Damit will er nicht die hohe Belastung bagatellisieren, sondern signalisieren, dass ihm bewusst ist, wie schwierig die Lage für jede und jeden Einzelnen ist. Das zeige sich nicht zuletzt in einer Zunahme der Krankmeldungen. Nicht überraschend für Lahl, im dritten Jahr der Pandemie könnten die Menschen einfach nicht mehr, so der Amtschef. Sein eigenes Stehvermögen allerdings leidet nicht.
Das dürfte sicher auch einer der Gründe sein, warum er als Feuerwehr ins Sozialministerium geholt worden war. Dass die Anfrage zum Wechsel vom Verkehrsministerium ins Sozialministerium vor einem knappen Jahr von höchster Stelle, also von Ministerpräsident Winfried Kretschmann kam, bestreitet er nicht. "Einer muss es machen", habe er sich gesagt und scheint auch ein wenig stolz darauf zu sein, dass man ausgerechnet ihn rief. Damals wackelte der Stuhl von Minister Manfred Lucha, der sich von Opposition und Medien Missmanagement vorwerfen lassen musste. Wie dringend ein neues Corona-Management benötigt wurde, zeigt auch, dass der damalige Amtschef Wolf-Dietrich Hammann nur wenige Wochen vor seinem Eintritt in den Ruhestand seinen Posten räumen musste. Offiziell wurde dies damit begründet, dass er noch seinen Resturlaub abfeiern müsse.
Ein Macher sollte Lucha retten
Mit Lahls Wechsel aus dem Verkehrsministerium wurde Lucha jemand zur Seite gestellt, der von der lokalen Presse als "Krisenmanager der harten Sorte" beschrieben wurde. Zielstrebig und durchsetzungsfähig. Diese Rolle füllt er auch ohne Probleme aus, wenn es sein muss. Weil er sein Amt als Aufsichtsratschef des landeseigenen Verkehrsbetriebs SWEG weiterhin ausübt, hat er die Verhandlungen mit dem insolventen privaten Bahnbetreiber Abellio geführt. Da habe er mit seinem Nachfolger als Amtschef im Verkehrsministerium die Rolle des guten und des bösen Unterhändlers gespielt – mit Erfolg, erzählt Lahl schmunzelnd.
Als ausgebildeter Chemiker geht der gebürtige Bremer davon aus, dass auf jede Reaktion die entsprechende Gegenreaktion erfolgt. Deshalb ist für ihn klar, dass die Chemie stimmen muss. Die Grundlage für gute Arbeit ist für ihn ein vertrauensvoller Umgang. Die MitarbeiterInnen bräuchten einen ruhenden Pol, nichts Hektisches, kein Brüllen, kein Hin- und Herspringen und vor allem auch Zuwendung und Bestätigung. Wichtig sei, Ruhe und Vertrauen auszustrahlen. Damit wirkt Lahl wie ein Gegenpol zu dem eher emotional agierenden Minister.
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Karl Heinz Siber
am 21.01.2022