Dass er sich da mal nicht irrt: Armin Laschet glaubt, "ohne große Teile" der Südwest-CDU wäre er heute nicht Bundesvorsitzender. Sein Vize Thomas Strobl nickt auf der gemeinsamen Pressekonferenz in Heidelberg aber an ganz anderer Stelle. Nämlich als der Kanzlerkandidat sagt, er wisse, wie viele Merz-Fans es hierzulande gab. Ein Widerspruch und doch einer der kleineren, die zu jener Verunsicherung beitragen, die sich in den desaströsen Umfrageergebnissen niederschlagen.
Auch diesmal will die CDU alle 38 Direktmandate zwischen Main und Bodensee erobern. Landtagsfraktionschef Manuel Hagel hat erst kürzlich dieses ehrgeizige Ziel bekräftigt, trotz des demoskopischen Sinkflugs. Diese Vorgabe ist vergiftet, aber der Hoffnungsträger – vor allem der Jüngeren – darf erwarten, dass eine Wahlpleite am 26. September an ihm abperlt. Darin hat er Erfahrung. Er war Manager des missglückten Landtagswahlkampfs, ging innerparteilich aber als Sieger hervor. An Innenminister Strobl, dem Chef der Landespartei, würde ein zweites Debakel nach den 24 Prozent im Frühjahr sicher kleben bleiben.
Die Stimmung in den Reihen der hiesigen ChristdemokratInnen ist jedenfalls im Keller. Auf der Straße und an den Haustüren müssen sich die Wahlkämpfenden sagen lassen, dass sie der CDU bestenfalls die Erst-, nicht aber die Zweitstimme geben wollen. Viele, die überzeugt werden müssten, sind noch im Urlaub, andere haben längst von der Briefwahl Gebrauch gemacht.
Schräge Modernisierung
Dass Laschet in Württemberg und Baden so selten auf der Großfläche zu sehen ist, muss die Landesgeschäftsstelle auf ihre Kappe nehmen, weil Bestellungen untergingen. Immerhin wird er vorigen Sonntag mit viel Wohlwollen auf der Ostalb empfangen. Seine Standardrede in diesen schwierigen Tagen offenbart vor allem ein großes Dilemma. Denn nach 16 Jahren unionsgeführter Bundesregierung ist es mehr als schräg, ein Modernisierungsjahrzehnt anzukündigen, den Nachholbedarf in der Digitalisierung zu beklagen und zugleich die seit vier Jahren dafür zuständige CSU-Staatsministerin Dorothea Bär in sein Zukunftsteam zu holen. Versprechen und Forderungen stehen auf der einen Seite, die allgegenwärtige Frage, warum denn eigentlich so viel unerledigt geblieben ist in der Merkel-Ära, auf der anderen.
Laschet sucht zu Wochenbeginn einen Ausweg, der auch keiner ist, und schlägt einen neuen Haken. Mit einem Mal nennt er es "dümmlich", der Bundesregierung, jedenfalls dem Unionsteil, vorzuwerfen, es sei in der Vergangenheit zu wenig geschehen auf diesem Gebiet.
Da verkommt es zur Petitesse, dass er auf seinem Wahlkampf-Kurztrip in den Südwesten nicht wirklich gut vorbereitet ist, wenn er gegen jene Solarpflicht auf Neubauten wettern, die seine CDU im Land eben erst beschlossen hat.
Gerade in Baden-Württemberg grassiert die Verwirrung der Union aber nicht erst, seit Kandidat Laschet im Sinkflug ist. Die Malaise begann schon vor elf Jahren, als das schwarze Führungsteam, allen voran Stefan Mappus und sein Generalsekretär Thomas Strobl, zu viele falsche Antworten hatten auf die die Bevölkerung umtreibenden Fragen: von Stuttgart 21 bis zum Ausstieg aus der Atomkraft. Die noch von Rot-Grün geschlossenen Vereinbarungen mit der Energiewirtschaft wollte Mappus unter dem Beifall großer Teile der Basis wieder aufschnüren, bis Fukushima kam. Und sich dann die CDU aus der Regierung verabschiedete, um Grünen und Sozialdemokraten für die nächsten fünf Jahre das Feld zu überlassen.
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