"Afghanistan zeigt auf tragische Weise, dass Auslandseinsätze falsch sind", sagt Tobias Pflüger, der verteidigungspolitische Sprecher der Linksfraktion im Bundestag. Und er hat recht mit seiner Forderung, statt militärischer Ausbildung sollten zivile Kräfte vor Ort unterstützt und aufgebaut werden. Das aber ist nicht oder viel zu wenig geschehen in den 20 Jahren, seit der Westen einmarschiert ist. Deshalb zählt gegenwärtig vor allem eines: das nackte Überleben.
Aus eben diesem Grund haben fünf der 69 Abgeordneten der Linkspartei dem "Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte zur militärischen Evakuierung" zugestimmt. Der gebürtige Stuttgarter mit grüner Vergangenheit gehört nicht dazu. Er sieht in dem vom Bundestag mit großer Mehrheit beschlossenen Mandat einen Kampfeinsatz, "bezogen auf ganz Afghanistan und bis 30. September, samt der Möglichkeit, 'robust zu kämpfen'". Außerdem blieben bei der Rettungsaktion "viel zu viele Gruppen, vor allem gefährdeter Afghaninnen und Afghanen außen vor".
Aber deshalb gar nicht retten? Die meisten Abgeordneten wählten einen Weg, der das Dilemma erst recht aufzeigt: Bei der entscheidenden Abstimmung in der vergangenen Woche flüchteten sie sich in die Enthaltung. "Ich bin nicht bereit, mich für diese 20 Jahre falsche Afghanistan-Politik in Mithaftung nehmen zu lassen, auch bin ich nicht bereit, die Gefahr einer möglichen erneuten militärischen Eskalation mitzutragen", erklärte Pflüger sein Verhalten. Seine Berliner Fraktionskollegin Helin Evrim Sommer argumentierte aus der entgegengesetzten Perspektive: "Nichthandeln wäre in der jetzigen Situation die Fortsetzung der Politik der organisierten Verantwortungslosigkeit." Die Auseinandersetzung dürfe nicht auf dem Rücken der Afghaninnen und Afghanen ausgetragen werden, die um ihr Leben bangen. Und weiter: "Das könnte ich mit meinem persönlichen Gewissen nicht vereinbaren."
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Steini
am 06.09.2021Ich selbst zählte mich damals zu den Befürwortern eines Krieges gegen Terroristen - allerdings, im Nachhinein betrachtet, auf der…