Auf den Lockdown angesprochen, zeigt sie auf ihre Haare und sagt: "Ich habe auch eine Corona-Matte. Das ist aber ein kleiner Preis, den wir zahlen." Den großen tragen sie und ihre Partei weitgehend mit; für "grob fahrlässig". hält sie es, die Schutzmaßnahmen gegen Corona grundsätzlich in Frage zu stellen. Der Ordnung halber verweist sie auf die Pandemie-Position der Linken, die da lautet: flächendeckende wissenschaftliche Begleitung der Maßnahmen, um der Bevölkerung erklären zu können, welche Eingriffe funktionieren und welche nicht. Währenddessen rauscht der Viren-Luftfilter unter dem Che Guevara-Bild leise vor sich hin.
Radikale Rhetorik ist ihre Sache nicht. Sie stamme aus "nicht so betuchten Verhältnissen", sagt sie, ihre Eltern hätten viel gearbeitet und wenig verdient. Im Gymnasium sei ihr aufgefallen, dass es eine "Differenz zu Kindern aus wohlhabenderen Familien gibt". Man könnte auch von arm und reich sprechen. Auf jeden Fall quält es ihren Sinn für Gerechtigkeit.
Ganz einfach: Grüne und Rote sind ihr nicht links genug
Zum Studium der Ostasienwissenschaften und Archäologie ist sie nach Heidelberg gezogen, hat dort auch das Streiken und Demonstrieren geübt, unter anderem gegen den Irak-Krieg und Hartz IV, womit sich auch die politische Orientierung klärte: Die Grünen hatten für sie ihr friedenspolitisches Profil und die SPD das Soziale verloren. So habe sie sich für das Eindeutige entschieden, für eine Partei, die konsequent sei und nicht die Hälfte ihres Programms "über Bord" werfe, wenn's ums Mitregieren gehe.
Seit 2014 sitzt Mirow für die Linke im Stadtrat von Heidelberg und arbeitet hauptberuflich im Mannheimer Büro der Bundestagsabgeordneten Gökay Akbulut. Zuletzt hat sie sich durch scharfe Kritik an der geplanten Verlegung der Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge in Heidelberg profiliert. Sie macht sich stark für einen Standort, der ein echtes Willkommenszeichen setzt. Bernd Riexinger, der scheidende Vorsitzende der Bundespartei und Antreiber der Landeslinken, gehört zu ihren Mentoren. Relativ große Fußstapfen für den Nachwuchs. Sie habe Schuhgröße 42, antwortet Mirow, also kein Problem. Nach politischen Vorbildern gefragt, bleibt sie zurückhaltend, sie sei "kein Fancharakter", eher jemand, der sich bei anderen Anregungen einhole, dann aber seinen eigenen Weg gehe.
Nach dem Gespräch eilt ein dpa-Fotograf vorbei und lichtet die Linke in verschiedenen roten Oberteilen ab, die sie aus ihrem Rucksack zieht. Blazer kann sie nicht leiden, die wurden ihr als Wahlkampfoutfit nahegelegt – sie lehnte freundlich ab. Sie bleibt lieber bei T-Shirts. Mirow trägt fast immer rot, nicht nur, weil es mit den Wahlplakaten harmoniert. Die Farbe sei ein Statement, gerade im Männergeschäft Politik. Versteht sich so von selbst, dass sie sich für Frauen stark macht.
Am Beispiel Wohnen erläutert sie, wie Soziales und Ökologisches zusammenhängen. Wenn die Mieten in den Städten steigen, schlussfolgert sie, werden die Leute rausgedrängt, pendeln zur Arbeit wieder rein, und das erzeugt exakt die toxische Verkehrssituation. Macht Heidelberg zur "Pendelhauptstadt in Deutschland." Und weil mehr Frauen als Männer fahren, glaubt sie, dass es die schlechter bezahlten Dienstleistungsberufe sind, mit denen man sich im Stadtzentrum keine Mieten mehr leisten kann. Entsprechend lautet ihre Forderung: Bildung, Gesundheit und Wohnen müssen Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge sein, dürfen nicht privater Profitmaximierung unterworfen sein. Auch das referiert sie schnell und flink im Kopf.
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