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CDU-Landesparteitag

Minka hat versagt

CDU-Landesparteitag: Minka hat versagt
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Glück hätte sie bringen sollen, die goldene chinesische Katze, die einen ganzen CDU-Landesparteitag lang vom Couchtisch der Moderatoren winken durfte. Brachte sie aber nicht. Sonst hätte sie vor Sponsor Huawei gewarnt.

Sandra Detzer, die Grünen-Landesvorsitzende, ist ganz schön milde gestimmt: "Bisschen typisch für den fehlenden politischen Instinkt der CDU, Huawei ein Event sponsoren zu lassen." Einer ihrer schwergewichtigen Vorgänger, Reinhard Bütikofer, wird da schon deutlicher und kritisiert den "schweren Fehltritt", der eine Herausforderung für Armin Laschet sei. Sein Vorwurf: Huawei ist aktiv beteiligt und verdient an der brutalen Unterdrückung der Uiguren in Xinjiang.

Tatsächlich platziert die Regie der aus den Stuttgarter Wagenhallen gestreamten Veranstaltung ohne jedes Problembewusstsein sogar den neuen Bundesvorsitzenden vor der Sponsorenwand: links oben im Eck, ganz prominent, das Logo von Huawei, in der Mitte rechts unten der Aachener mit Maske. Die Bilder sind im Netz nur noch schwer zu finden, aber der Ärger grassiert. "Huawei als CDU-Sponsor – ein fatales Signal", heißt es in der "Welt". Der Konzern denke sich Strategie und suche Sponsorentermine gezielt aus – aus seiner Sicht folgerichtig, "aber nicht aus Sicht der CDU".

Sitzgruppe mit Gummibaum

Dass sich in der Führung der Schwarzen im Südwesten niemand etwas dabei dachte, ist der mildeste und vernichtendste Schluss zugleich. Tatsächlich hat Huawei schon andere Parteitage gesponsert, allen voran den der Bundes-SPD im Dezember 2019. Auch sie bekam einigen Ärger. Trotzdem sah CDU-Generalsekretär und Wahlkampfmanager Manuel Hagel, der Planer aller Details, offenbar kein Problem. "Sogar beim Kauf der Möbel für die kleine Sitzgruppe auf der Parteitagsbühne achtet er auf Nachhaltigkeit: Sie wurden in Baden-Württemberg gefertigt", schmeichelt ihm die FAZ. Dabei wäre die große Nachwuchshoffnung mit Ambitionen auf den Sessel des Chefs der CDU-Landtagsfraktion besser mal die Namen der edlen Spender durchgegangen, die die schönen Möbel mitfinanzierten und die Gummibäume in der kuscheligen Moderatoren-Ecke.

Erst neulich hatte der SWR darüber berichtet, wie Hunderttausende Uiguren in Xinjiang ohne Anklage oder Urteil in Internierungslagern festgehalten werden und Huawei im Verdacht steht, an ihnen eine Gesichtserkennungs-Software zu testen. Aber selbst bei Thomas Strobl, dem Landeschef und Bundes-Vize der Union, klingelt es nicht angesichts der sechs Buchstaben, die für den IT-Giganten stehen. Dabei geht er in seinem Schlusswort explizit darauf ein, was es koste, so einen digitalen Parteitag "professionell zu machen". Er verliest eine Liste der Finanziers, Huawei kommt nicht vor. Bleibt die Spitzenkandidatin Susanne Eisenmann, die aufmerksam hätte werden können, aber die kann sich – Achtung, keine Satire! – wirklich nicht um alles kümmern in ihrem unermüdlichen Einsatz im digitalen Wahlkampf Abend für Abend, am Wochenende sogar zwei Mal am Tag.

Als lässliche Sünde kann die Annahme der Geldspritze deshalb noch lange nicht durchgehen. Zumal der Ausrutscher in schlechter Gesellschaft ist. Denn zusätzlich trübt die Froh-Botschaft, die die Südwest-CDU mit Elan und Engagement in die virtuelle und reale Welt schicken will, eine Verschleierung mit Ansage: Um Geschlossenheit zu demonstrieren, wird die Zustimmung zum 100-Punkte-Regierungsprogramm einfach schöngerechnet, hoch hinauf, dass es höher nicht mehr geht, auf 100 Prozent.

Luft nach oben

Aber der Reihe nach. Am Anfang, als es sich das Moderatoren-Team gemütlich macht in der Wohnecke und Goldkatze Minka (so wurde sie getauft) in ihren Winkemarathon startet, legt Strobl beherzt die Beteiligungsquote offen. Von 329 Delegierten hätten sich 328 auch tatsächlich angemeldet, ein derart großes Interesse habe er "in gefühlt 30 Jahren" noch nicht erlebt. Die Realität zunächst in der Probe- und dann in der Abstimmung über das weitere Verfahren spricht eine andere Sprache: Gerade mal 220 BasisvertreterInnen mochten sich digital beteiligen. "Da ist noch Luft nach oben", entfährt es dem Landesvorsitzenden. Weil die freundliche Einladung aber ohne Konsequenz blieb, nimmt eine Entwicklung ihren Lauf, die kein gutes Licht wirft auf das im Parteitagspräsidium versammelte Spitzentrio des Landesverbands. Genauso wie irgendwer das Huawei-Sponsoring abgenickt hat, entscheidet einer oder alle gemeinsam – Strobl, Eisenmann, Hagel – während der laufenden Beratungen, dass Abstimmungsergebnisse nicht mehr eingeblendet und auch nur noch kursorisch bekanntgegeben werden.

Dementsprechend muss ganz genau hinhören, wer erfahren will, wie die BasisvertreterInnen tatsächlich denken über "Neue Ideen für eine neue Zeit". Im von der CDU verantworteten Teil des www, auf Facebook oder Instagram, werden die 100 Prozent beklatscht. Dabei wollten sich von den 328 Delegierten überhaupt nur 234 beteiligen und diskutiert wurde überhaupt nicht. Auf jedem Parteitag vor Corona wäre aufgefallen, wie viele Mitglieder sich im entscheidenden Moment aus der Halle in die Foyers oder in die Schlangen an der Café-Ausgabe verdrückten. Hybrid sollte untergehen, dass es um die Geschlossenheit nicht (mehr) wirklich gut bestellt ist.

Aber das Netz vergisst nichts, nicht die Bilder von der Sponsorenwand, nicht die Kommentare auf #LPTCDUBW, nicht die vielen Grußworte von Jens Spahn über Sebastian Kurz bis zu Wolfgang Schäuble. Und dass niemand warme Worte findet für die Frau, die für die CDU Baden-Württemberg zurückerobern soll. Und dann ist da noch Markus Söder. Der Winfried Kretschmann mit dem FC Bayern vergleicht. Auch der könne "mal verlieren". Kann vielleicht. Macht er aber nur sehr selten und steht derzeit mit neun Punkten Vorsprung auf Platz eins in der Bundesliga. Wer solche Freunde hat, dem ist selbst eine chinesische Glückskatze keine rechte Hilfe mehr. "Minka verabschiedet sich in den Feierabend", twittert die CDU nach fast sieben Stunden. Dann gingen die Lichter aus. Vorerst nur in den Wagenhallen.


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2 Kommentare verfügbar

  • reklov
    am 28.01.2021
    Antworten
    Ich verstehe ehrlich gesagt nicht, warum die CDU als Partei, die über den Staat teilweise finanziert wird, überhaupt Sponsoren braucht. Klar ist so ein Digital-Parteitag teuer. Aber zum Beispiel hat die GEW ihre Landesdelegiertenversammlung letztens auch digital abgehalten und da gab es soweit ich…
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