Ob aufgeklärte Männer des 21. Jahrhunderts überhaupt dorthin gehören wollen? In diesen Zirkel von Honoratioren, in den es – mit Ausnahme einer Freifrau von Wiesenhütten im Gefolge ihres gleichnamigen Freiherrn – noch nie ein weibliches Wesen geschafft hat. Dafür aber Adolf Hitler (bis zum 5. August 1945) und einer seiner wichtigsten Ermöglicher, Reichspräsident Paul von Hindenburg (immerhin bis zum 15. Juli 2010). Der Gemeinderat der Stadt Stuttgart jedenfalls kann sich nicht dazu durchringen, den OB a.D. Fritz Kuhn zum 47. Ehrenbürger zu ernennen. Stattdessen setzte ihm der Erste Bürgermeister Fabian Mayer (CDU) mit einer ziemlich fulminanten Abschiedsrede ein Denkmal, das bleibt.
Das Netz vergisst nichts, auch nicht diese bemerkenswerte Verabschiedung. Über Gemälde in feinziselierten Goldrahmen sind die Zeiten hingegen hinweggegangen. Wer weiß noch, abgesehen von den Nachkriegs-Ernennungen (Karl Lautenschlager, Theodor Heuss, Reinhold Maier, Gebhard Müller, Erwin Schoettle, Pierre Pflimlin, Richard von Weizsäcker, Manfred Rommel und Wolfgang Schuster) um die Verdienste etwa des dänischen Bildhauers Bertel Thorvaldsen für die Metropole am Nesenbach? Von der Mildtätigkeit der oben genannten Freifrau? Von zweifelhaften Verleihungen, die bis heute bestehen? Etwa die an Karl Bernhard Freiherr von Reitzenstein für "heldenmütige Tapferkeit" als Führer der württembergischen Truppen in der Schlacht von Champigny anno 1870? Nicht weniger als 13.000 Soldaten, davon 9500 französische, fielen damals oder wurden verwundet. Natürlich ist noch nie über eine Aberkennung nachgedacht worden.
Apropos Reitzenstein: Den Flur im Erdgeschoss des in der gleichnamigen Villa untergebrachten Staatsministeriums ziert die Galerie der Männer, die das Land seit seiner Gründung 1952 regierten. Jedes Bild bringt einiges vom jeweiligen Zeitgeist zum Ausdruck, und teilt manches mit vom Verhältnis der Porträtierten zu sich selbst. Kurt Georg Kiesinger gibt den Patriarchen, Lothar Späth den (Vor-)Denker, Erwin Teufel den strebsamen Aufsteiger vom Land, Günther Oettinger hinter einer Glasscheibe mit Einschussloch dagegen Rätsel auf und Stefan Mappus die in sich ruhende Frohnatur. Was wohl aus Winfried Kretschmann wird in Öl und Acryl?
5 Kommentare verfügbar
Jue.So Jürgen Sojka
am 13.01.2021Der Gemeinderat verweigert die Ehrenbürgerschaft einem so … Das war allerdings bereits beim Vorgänger Dr. Wolfgang Schuster so zu handhaben, hat dieser doch durch Betrügen und Lügen seine Amtszeit begonnen [1], gestaltet und auch damit beendet!!!
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