Ludwig van Beethoven widmete ihr eine Ode, dem griechischen Philiosoph Epikur galt sie gar als zentrales Ziel des menschlichen Lebens: die Freude. In diesem Sinne ist der frisch gewählte Stuttgarter Oberbürgermeister Frank Nopper ein echter Epikureer. Denn er freut sich oft und gerne. Er freut sich – klar– über seinen Wahlsieg, über das konstruktive Verhalten seiner Mitbewerber, über das Vertrauen von immerhin 19 Prozent der Stuttgarter Wahlberechtigten. Am meisten freue er sich als künftiger OB aber auf die Eröffnung des Cannstatter Volksfests, das verriet er schon vor dem zweiten Wahlgang. Kurz dahinter dürfte die Vorfreude auf die Eröffnung von Stuttgart 21 liegen, die wolle er, kündigte Nopper gegenüber dem "Spiegel" an, als "Fest der Versöhnung" feiern. Das Fest soll, glaubte man den bisherigen Angaben der Deutschen Bahn, Ende 2025 stattfinden. Und bis dahin soll das famose Stadtumgrabungsprojekt maximal 8,2 Milliarden Euro gekostet haben. Wirklich?
Nopper, die Bahn, Stuttgart, Baden-Württemberg, nein, die ganze Republik kann sich nun auf etwas Neues freuen. Das legen zumindest interne Unterlagen der S-21-Projektgesellschaft nahe, die Kontext exklusiv vorliegen. Danach wird intern bereits seit Ende 2019 mit Mehrkosten von bis zu 1,4 Milliarden Euro kalkuliert, und auch eine Fertigstellung bis 2025 scheint fraglich. Womit wir nun bei Projektkosten von rund 9,6 Milliarden Euro wären – und bei den Mehrkosten ist, das verraten die Unterlagen auch, noch nicht einmal der leidige Gäubahnanschluss mitberücksichtigt. Da auch die letzten beiden Kostensteigerungen 2012 und 2017 jeweils kurz vor Weihnachten durchsickerten, wäre so langsam ein neues Festtagslied für die Tiefhaltestelle fällig: Ihr Milliardenlein kommet.
Wenn Sie jetzt sagen: Laaangweilig, das haben doch Vieregg-Rößler und vor allem der Bundesrechnungshof schon seit Jahren prognostiziert – dann haben Sie vollkommen recht. Aber die Bahn hatte in den vergangenen Jahren stets weitere Kostensteigerungen dementiert, Infrastrukturvorstand Ronald Pofalla noch im Oktober 2020 betont, man sei im Kostenplan. Mal sehen, ob er nun wiederholt, was er schon 2019 auf eine Frage nach seiner Haltung zur Kostenentwicklung antwortete: "In der Ruhe liegt die Kraft – und fröhlich bleiben."
Doch zurück zu Frank Nopper, der sich derzeit über ungeahnte mediale Resonanz freuen darf: ZDF-Satiriker Jan Böhmermann widmete dem Noch-Backnanger OB und seiner Familie einen Teil seines letzten "ZDF Magazin Royale". Auch Noppers Gattin Gudrun Weichselgartner-Nopper kam darin zu Ehren, nicht wegen ihrer extraordinären Fuß- und Beinkleider, sondern wegen ihrer "Knigge für Kids"-Kurse. Und kurz darauf vertiefte Böhmermann seine Nopper-Analyse noch gemeinsam mit Partner Olli Schulz im Podcast "Fest & Flauschig". Hat so etwas Fritz Kuhn je geschafft? Eben. Eat this, loser.
Böhmermann beschäftigte sich in der "Magazin Royale"-Folge auch mit den allmählich kaum noch zählbaren Einzelfällen von Rassismus und rechtsextremen Gedankenguts bei der Polizei. Ein Thema, das am heutigen Mittwoch auch im Mittelpunkt einer Online-Podiumsdiskussion der Hotel-Silber-Initiative steht: "Staatliches Gewaltmonopol ="dulde und klage"? – können wir der Polizei in Baden-Württemberg noch vertrauen?", lautet der Titel, es diskutieren die Anwältin Angela Furmaniak, die auch für Kontext schon schrieb, Paulino Miguel vom Forum der Kulturen und Hannes König von der Landesarbeitsgemeinschaft Offene Jugendbildung BW. Kontext-Autorin Johanna Henkel-Waidhofer moderiert. Infos zur Anmeldung gibt's hier.
1 Kommentar verfügbar
Jue.So Jürgen Sojka
am 21.12.2020Wird das beim Angesprochenen so sein können?
Da lässt sich mit Leichtigkeit die Feststellung treffen: No et gehudelt!
Er, der Nachfolger von Fritz Kuhn, dem…