Drei knappe Seiten Argumentationshilfe machen die Runde in der Grünen-Fraktion. Zur Besänftigung jener ohnehin mit der Lupe zu suchenden Gemüter, die Innenminister Thomas Strobl (CDU) nicht nachgeben wollen. Und zur Information all der anderen, die sich ohnehin nur im Vorübergehen mit der heiklen Problematik befassen möchten. Die Tonlage des Papiers erinnert an ein Schlaflied für kleine Kinder, bei dem der Zweck die Mittel heiligen muss.
Bester Beleg sind zwei knappe Sätze über den Landesdatenschutzbeauftragten. Der habe auch im Nachgang zur Anhörung an seiner Einschätzung festgehalten: "Der Gesetzesentwurf wirft aus seiner Sicht keine verfassungsrechtlichen Bedenken auf." Diese Verkürzung ist tricky. Erst am vergangenen Donnerstag, bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Staatsrätin Gisela Erler, hatte eben dieser Landesdatenschutzbeauftragte, Stefan Brink, sehr wohl Bedenken dargelegt, genauer gesagt: bekräftigt. Und das nicht zu knapp. Es sei unangemessen, so Brink, dass ihn das neue Gesetz in die Situation bringe, vor Gericht klagen zu müssen, um seine Beschwerden durchzusetzen: "Das ist keine Kleinigkeit und europarechtswidrig."
Die Grünen-Handreichung wirft auch ein Licht auf den Umgang der Fraktionsspitze mit ihren Abgeordneten. In früheren Jahren und bei anderen Parteien wäre derlei Vorgehen mit Recht aufs Schärfste gerügt worden. Die, die dem schwarzen Minister unbedingt folgen wollen, setzen auf die Ahnungslosigkeit all jener, die sich nicht im Detail mit dem Gesetz befasst haben, das sie durchwinken sollen. Sonst wüssten sie, wie viele kritische Anmerkungen Brink schon aufgeschrieben hatte, bevor der Innenminister sein Gesetz vor der Sommerpause in den Landtag einbrachte.
Zum Beispiel zu der aus seiner "Aufsichtspraxis" resultierenden Frage, "dass Beschäftigte des Polizeivollzugsdienstes die einfache Möglichkeit eines Datenabrufs aus polizeilichen und sonstigen Dateien immer wieder zu persönlichen Zwecken missbrauchen würden". Und weiter: "Hier könne der eindeutige gesetzliche Hinweis auf die Rechtswidrigkeit eines solchen Tuns einen wichtigen Beitrag zur Sensibilisierung der Beschäftigten leisten." Die Standardantwort auf diesen und zahlreiche andere Punkte: "Der Anregung wird nicht nachgekommen."
Korpsgeist bei der Landesregierung
An anderer Stelle hätten die Abgeordneten der größeren Regierungsfraktion eine Ankündigung mit Drohungscharakter lesen können. Denn der Landesbeauftragte kündigt im Zusammenhang mit dem Richtervorbehalt, unter dem die Verwendung von Bodycams in privaten Räumen steht, "eine Überprüfung der praktischen Bedeutung und Handhabung dieser neuen Eingriffsbefugnis" für das Jahr 2021 an. Das ist vergleichbar mit 2019 und lässt nur wenig Gutes erwarten. Nach Stichproben in drei Polizeipräsidien ist im vergangenen Jahr bekannt geworden, dass die Kameras viel zu oft und verbotenerweise nicht nur dann laufen, wenn Leib und Leben gefährdet sind. Einsatzkräfte hatten in Polizeirevieren und aus Polizeiautos gefilmt und so den eigenen Einsatz dokumentiert – genau dazu darf der Einsatz aber nicht statfinden, laut Gesetz. Nachschulungen in größerem Stile mussten stattfinden. Da hatte Brink den Innenexperten der Grünen-Fraktion Hans-Ulrich Sckerl noch an seiner Seite mit der Forderung, notfalls auch die entsprechende Dienstanweisung für PolizistInnen zu verschärfen.
3 Kommentare verfügbar
Hella Bauer
am 01.10.2020