StuttgarterInnen wissen, wie's geht: Vier Kopfbahnhof-Fans trafen sich im Oktober 2009, um ihrem Unmut Ausdruck zu verleihen. 460 Montagsdemos fanden seither statt, und noch immer gehen regelmäßig deutlich mehr Leute gegen das Milliardenprojekt auf die Straße als gegen die Dieselfahrverbote, obwohl CDU und FDP so intensiv dafür werben. Das Beispiel S 21 könnte die sieben wackeren EuropäerInnen ermutigen, die sich jetzt zusammengetan haben, um Geschichte zu schreiben und unter anderem die Aussetzung des Maastricht-Vertrags zu erreichen.
"Mit dem Menschenrecht auf leistbares Wohnen wird heute in ganz Europa spekuliert, deshalb ist Wohnen in vielen Städten Europas für breite Bevölkerungsschichten unerschwinglich", sagt Karin Zauner-Lohmeyer, eine der EBI-SprecherInnen. Ihre Verbündeten kommen aus Spanien, Schweden, Zypern, Portugal, Kroatien und Deutschland. Seit Anfang April wird gesammelt, hierzulande vom DGB oder dem Deutschen Mieterbund und natürlich online.
Mit ein Ansporn ist das bayerische Volksbegehren "Rettet die Bienen", bei dem bis Mitte Februar Zehntausende noch unterschrieben, als die notwendige Unterstützung schon längst erreicht war. Am Ende wurden über eine Million Wahlberechtigte gezählt, und nach anfänglicher Ablehnung zahlreicher Forderungen legte Ministerpräsident Markus Söder einen U-Turn aufs Parkett: Die "Eins-zu-Eins-Annahme zur Rettung der Artenvielfalt", so wörtlich, wurde auf die Schiene gesetzt. Sogenannte Fachgruppen-Workshops wurden veranstaltet, schon am 8. Mai kommen die ersten Gesetzesänderungen in den Landtag.
Großinvestoren kaufen ganze Stadtteile auf
Auf EU-Ebene gab es Regeln für Bürgerinitiativen zwar seit dem Lissaboner Vertrag von 2007, jedoch erwiesen sie sich als nicht praktikabel. Einige Jahre später wurde ein zweiter Anlauf gestartet, eine Verordnung sieht seitdem die Online-Sammlung von Unterschriften vor. Wenn eine Million Menschen aus mindestens einem Viertel der derzeit 28 Mitgliedstaaten ihre Unterstützung bekunden, muss die Kommission das Thema aufgreifen und zumindest eine Stellungnahme abgeben. Bisher gab es gut sechs Dutzend Initiativen, manche wie "Stoppt TTIP" scheiterten, weil die Registrierungsvorgaben nicht erfüllt werden konnten. Andere kamen nicht auf die erforderliche Zahl von Unterschriften. Einige InitiatorInnen brachen die Sammlung selber ab, andere wie die mit der Forderung, alle Roaminggebühren zu beseitigen, starteten einen zweiten Versuch.
Schon 2014 wurden fast zwei Millionen Unterschriften gegen jede Form der Privatisierung der Wasserversorgung gesammelt. Auf andere Probleme wie die Vermüllung der Ozeane durch Plastik lenkten entsprechende Kampagnen ebenfalls den Blick der europäischen Öffentlichkeit. Die Plastik-Initiative selber war nicht erfolgreich, aber die Kommission wurde aktiv, einzelne Länder wie Österreich gehen sogar in Alleingängen gegen Einwegtüten vor. EU-weit sollen dank des im vergangenen Herbst beschlossenen Verbots von Plastiktellern, Strohhalmen, Wattestäbchen und anderen Kunststoffwegwerfprodukten ab 2020 binnen eines Jahrzehnts Umweltschäden von mehr als 20 Milliarden Euro vermieden werden.
2 Kommentare verfügbar
Udo Meurer
am 28.04.2019Die Natur hat die Menschen durch sprachliche und geographische Grenzen getrennt, um der Vielfalt Genüge zu tun!…