Nicht schon wieder Wien: Die Donaumetropole mit ihren fast 100 Jahren Gemeindebautradition kann kein Vorbild sein für die Bemühungen, endlich ausreichend bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Zu unvereinbar haben sich da und dort die Systeme entwickelt. Die einen, die roten Stadtväter und -mütter in Österreichs Metropole, wollen bis heute den Markt streng regulieren und zum großen Teil selbst seinen Bedarf decken. Die anderen hingegen, Neoliberale für gewöhnlich, glauben – oder tun auch nur so -, reiche Leute hätten ein Interesse an Geldanlagen im Wohnungsbau zu sozial verträglichen Mieten. Zur Einordnung der Dimensionen taugen Zahlen aus Wien aber allemal: 220.000 Wohnungen gehören der Stadt; an weiteren 200.000 ist sie beteiligt; 62 Prozent der WienerInnen leben in einer dieser Wohnungen mit gedeckelten Mieten; weitere rund 13 Prozent hätten einen Anspruch; und vor allem: Mehr als 650 Millionen Euro fließen Jahr für Jahr in die einschlägige Förderung.
In Baden-Württemberg doktern Grüne und Schwarze seit Beginn der Legislaturperiode an einer Strategie herum, mit der eines der drängendsten Probleme vieler Kommunen ernsthaft angegangen werden soll. Betroffen sind schon lange nicht mehr nur Ballungsräume. Gerade deshalb war der erste Kardinalfehler der grün-schwarzen Landesregierung, dieses komplizierte Feld der Daseinsvorsorge dem Wirtschaftsministerium zuzuschlagen. Dessen Chefin glaubt an die "Akteure des Wohnungsmarkts", wie sie sagt. Den rund 650 Millionen Euro oder fünf Prozent des Stadtbudgets, die Wien mit seinen fast zwei Millionen EinwohnerInnen jährlich ausgibt, stehen in Baden-Württemberg (elf Millionen) seit dem Vorjahr bescheidene 250 Millionen Euro gegenüber.
Kommunen rufen Baugeld des Bundes nicht ab
Obendrein schmückt sich Grün-Schwarz mit fremden Federn, denn das Geld kommt großteils vom Bund. Und weil es an baureifen Vorhaben mangelt, ist es noch nicht einmal zur Gänze abgerufen worden. "Kommunen wollen wir noch mehr unterstützen", reagiert die Ministerin auf diesen Missstand in einem Werbevideo, das unterlegt ist mit Wohlfühlmusik. "Noch mehr" müsste so übersetzt werden: 35 der 250 Millionen kommen in einen neuen Fond und bleiben dennoch ein Tropfen auf dem heißen Stein. Außerdem soll einmal mehr nicht nur sozialer, sondern "preiswerter Wohnungsbau" gefördert werden. O-Ton Hoffmeister-Kraut: "In Betracht kommen hierfür zahlreiche kommunale Initiativen, die derzeit vielerorts entstehen und insbesondere auf die Akquirierung ungenutzten privaten Wohnraums in Mietwohnbestand abzielen." Im Klartext: VermieterInnen, die ihr Eigentum dem Markt bisher nicht zur Verfügung stellen mochten, dürfen jetzt auch noch mit finanziellen Anreizen rechnen. Überhaupt erst 2013 hatte die grün-rote Landesregierung die Versäumnisse früherer Jahre nachgeholt und den Gemeinden im Land ermöglicht, gegen Leerstand vorzugehen.
1 Kommentar verfügbar
Kornelia .
am 05.12.2018Die Rückeroberung von Gemeineigentum war blutig und unabdingbar für das Volk der Geknechteten! Nur so konnten Bauern aus der Leibeigenschaft entkommen, nur…