Der Konter des Bundestagsabgeordneten, der in seinem Stuttgarter Wahlkreis 6,7 Prozent der Erststimmen erobert hatte, fiel kolossal aus: Es sei mehr als irritierend, wenn der "selbsternannte unabhängige Veranstalter im Hintergrund von einem Daimler-Betriebsrat der IG-Metall überwacht wird". Vielmehr habe ein äußerst kamerascheuer Zeitgenosse namens Serkan Senol hierbei die Rolle eines "patriarchalischen Paten" gespielt, "der über Redebeiträge wachte und entschied, wer sprechen durfte und wer nicht". Und "die linke Gewerkschaft" trete noch dazu "Hand in Hand mit der gewaltbereiten Antifa auf" und offenbare so "in erschreckender Weise: Linksextremismus ist ein Problem mitten in zentralen Organisationen unserer Gesellschaft, die mit der angeblich demokratischen Partei SPD verquickt ist".
Einlassungen wie diese sind an der Tagesordnung. Spaniel twittert in Trump-Manier, was das Zeug hält, aktuell beispielsweise gegen den "erbärmlichsten Bundespräsidenten" Steinmeier wegen dessen Telegramms zum iranischen Nationalfeiertag. Und er hält zu Ungarns Staatschef Orban, der einer "Schmutzkampagne" ausgesetzt sei. Daneben hetzt er gegen die "Relotius-Presse", weil über den Mitglieder-Zuwachs der Grünen berichtet wird. Spaniels Wunsch: "Fakten statt Jubelartikel." Andauernd ist der promovierte Autoingenieur zugange mit seltsamen Vergleichen und haltlosen Vorwürfen. Etwa, als der SWR am Sonntagabend streng nachrichtlich meldet, was Sache ist: "AfD bricht Parteitag ab – Wahlen nicht komplett." Antwort Spaniel: "Dafür bezahlen Sie und ich Zwangsgebühren. Schluss damit."
Beifall von ganz rechtsaußen für den Philosophen Jongen
Der Autoingenieur ist 2015 in die AfD eingetreten, weil ihm, wie er in "Das Parlament" selber berichtet, "zuerst Zweifel kamen, ob die Etablierten beim Thema Banken- und Euro-Rettung richtig lagen." Dazu gesellten sich die Energiewende und Zuwanderung. Er habe "etablierte Politiker gefragt, ob ihnen klar sei, was das alles für Kosten verursachen wird und wie viele Menschen in einigen Jahren hier leben werden", aber keine vernünftigen Antworten bekommen, "sondern nur kindliche Naivität ohne Projektion der Zukunft" festgestellt. Die Entscheidung fürs Engagement bei der AfD, "die als einzige Partei Front gegen diese Entwicklungen machte", war gefallen. Jetzt gilt der gebürtige Marburger, dem die lange Tätigkeit bei Daimler sowas wie eine geborgte Seriosität verleiht, als Halbguter.
Ebenso wie Thilo Rieger. Der neue Vize hat sich als Pressesprecher des Landesverbands in einer besonders unappetitlichen Frage gegen Gedeon gestellt, als der im heimatlichen Singen einen "Stolperstein" für Ernst Thälmann und dessen Familie verlegen wollte. O-Ton Gedeon: Die "Stolpersteine" stünden zudem für eine "Inflationierung von Gedenken", und verwandelten die "Erinnerungs-Kultur" immer mehr in eine "Erinnerungs-Diktatur". Da hielt Rieger dagegen: "Unabhängig davon, was man von Ernst Thälmanns Positionen und Taten hält, war er unzweifelhaft ein Opfer der Nationalsozialisten und erfüllt damit die Kriterien für einen 'Stolperstein'".
Ein deutlich beschriebeneres Blatt ist Marc Jongen, der zweite Vize, der sich mit immerhin 351 zu 225 Stimmen gegen Baum durchsetzte. Der Journalist aus Südtirol, der als früherer akademischer Mitarbeiter von Peter Sloterdijk den Ruf eines Denkers genießt, produziert nicht nur am Fließband sonderbare Theorien, er bekam unverzüglich nach seiner Wahl auch Beifall der besonderen Art. Die "AfD-Freunde Tübingen" jubelten über seine Wahl: "Die versammelten Mitglieder waren darüber informiert worden, dass Jongen in Schnellroda eine Rede vor Aktivisten der Identitären Bewegung (IB) gehalten hatte. Mit seiner Wahl haben sich die Mitglieder offensichtlich basisdemokratisch dafür ausgesprochen, die AfD und Identitäre Bewegung in Zukunft näher zusammenzurücken", was in Tübingen "durchaus Tradition" habe.
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Dagmar Heinemann
am 28.02.2019