Exakt einen Monat später verlangt auch der bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) "endlich mehr Flexibilität" im Arbeitszeitgesetz, hier allerdings (vorerst) beschränkt auf das Gastgewerbe, wo sich die "praxisfremden" rechtlichen Vorgaben "mittlerweile zur Wachstumsbremse" entwickelt hätten. Das führe zu einem hausgemachten Personalmangel, und da brauche es dringend eine Korrektur.
Ganz neu sind diese Gedanken nicht. Und auch die Wortwahl wirkt passagenweise eigenartig vertraut. Eine restriktive, realitätsfremde und rückständige Gesetzgebung soll modernisiert werden, damit die Wirtschaft wächst und alle von mehr Flexibilität (sprich: Deregulierung) profitieren können? Da haben natürlich auch die üblichen Verdächtigen ihre Finger im Spiel. Denn arbeitgebernahe Organisationen, insbesondere der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga), fordern genau das in Bezug auf Arbeitszeiten bereits seit Jahren. "Das deutsche Arbeitszeitgesetz war gut für das Industriezeitalter", schrieb auch der Ökonom Christoph Schmidt in einem Gastkommentar für die "Süddeutsche Zeitung" bereits im November 2017: "Für die digitale Welt taugt es nicht mehr."
Es sei zudem "deutlich restriktiver, als es die EU-Arbeitszeitrichtlinie zulassen würde", und "Arbeitnehmer brauchen und wollen mehr Flexibilität." Schmidt, Vorsitzender des fünfköpfigen Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (oft als "Wirtschaftsweise" bezeichnet), argumentiert, der Gesetzgeber dürfe "den Beschäftigten ruhig mehr Selbstbestimmtheit zutrauen". Das ist ihm so wichtig, dass er es in seinem nur neun Absätze umfassenden Kommentar gleich drei Mal erwähnt.
Ausgeblendet, wer die Arbeitszeiten bestimmt
Bemerkenswert ist dabei, dass Schmidt die Verlängerung der maximalen Arbeitszeiten als Interesse der Beschäftigten darstellt. Denn in der Vergangenheit tat sich der neoliberale Ökonom vor allem durch arbeitgebernahe Positionen hervor. 2013 bezeichnete er die Forderung nach einem gesetzlichen Mindestlohn in einem Gastbeitrag für die "Bild"-Zeitung als "Spiel mit dem Feuer". Die Argumentation: "Jeder Arbeitsplatz muss sich wirtschaftlich tragen, sonst fällt er weg. Daher muss der Mindestlohn niedrig angesetzt werden: 8,50 Euro ist entschieden zu hoch."
Dass sich die Schwarzmalerei vom Mindestlohn als Beschäftigungsbremse nicht im mindesten bewahrheiten sollte und er mit seiner Prognose völlig daneben lag, tat Schmidts Expertenruf als oberster Wirtschaftsweiser der Nation keinen Abbruch. Er will außerdem den Kündigsschutz weiter lockern, und die Rente mit 67 ist für ihn "nicht zukunftsfähig".
Laut dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) Baden-Württemberg hätten "diejenigen, die sich nun als Speerspitze vermeintlicher Beschäftigteninteressen inszenieren, ausschließlich die betrieblichen Interessen im Sinn". Pressesprecherin Andrea Gregor erläutert im Gespräch mit Kontext, dass zwar das Narrativ bemüht werde, mehr Flexibilität stelle eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten dar. "Dabei wird aber ausgeblendet, wer die Gestaltungshoheit über die Arbeitszeiten hat." In der betrieblichen Realität werde das meist nicht gleichberechtigt ausgehandelt, sondern vom Arbeitgeber bestimmt. "Für den Einzelnen ist es dann in der Praxis schwierig, sich diesen Vorgaben ohne negative Konsequenzen zu widersetzen."
4 Kommentare verfügbar
Jue.So Jürgen Sojka
am 10.01.2019A. Stoch (SPD-Fraktionsvorsitzender) – A. Lindlohr (Grüne, wirtschaftspolitische Sprecherin) –
B. Riexinger (Linkspartei Vorsitzender)
*** Dafür dagegen zu sein, oder dagegen dafür zu sein? ***
Fragestellung, die zuallererst sich selbst zu beantworten ist – so ein _eigener_ STANDPUNKT vertreten sein will! :-) ;-)
[i]Was bedeuten soll:[/i]
Ausgangspunkt für jegliche Betrachtung von Arbeit / Dienst -in _allen_ Staaten auf unserem Planeten ERDE- hat das Völkerrecht, die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte [b]AEMR[/b], zu sein – und das seit Dezember 1948, besonders für uns Deutsche!!!
AEMR Artikel 23 [b]RECHT AUF ARBEIT, GLEICHEN LOHN[/b] mit den Absätzen (1) bis (4)
Beim besten Willen, es ist nichts zu finden, von den genannten in diesem KONTEXT-Artikel, was als Aussage die AEMR zum Inhalt hat – auch nicht aus den anderen Artikeln und der [b]Präambel[/b].
Haben die genannten offensichtlich immer noch nicht erkannt:
GG Art. 25 [b][Vorrang der Völkerrechts][/b] „… ²Sie gehen den Gesetzen vor und erzeugen Rechte und [b]Pflichten[/b] unmittelbar für die Bewohner des Bundesgebietes.“ ENDE Auszug GG Art 25
Es gibt im Übrigen _[b]kein[/b]_ [i]Gewohnheitsrecht[/i] zum Übergehen unserer Verfassung / Grundgesetz!!! – G'scheiter wär's jedenfalls: für alle die bisher nur so tun als würden sie sich für unsere GESELLSCHAFT einsetzen.
Dr. Diethelm Gscheidle
am 10.01.2019es ist eine Unverschämtheit, dass man fleißigen Arbeitnehmern, die länger arbeiten wollen, nicht erlauben will, bis zu 12 Stunden fleißig zu sein! Offenbar hat sich hier mal wieder eine "Allianz der Faulen" gebildet, die von den hiefür bereits einschlägig bekannten Gruppierungen (Staatsverschuldungs-Sozen, Stasi-SED/Die-Linken, Bevormundungs-Bündnisgrünen und Gehaltsexzess-Gewerkschaften) angeführt wird!
Glücklicherweise bin ich hiervon überhaupt nicht betroffen, seit ich in meinem Forschungsinstitut aufgrund des Mindestlohnes verfügt habe, dass die Arbeitsstunde bei mir 80 Minuten hat (ansonsten hätte der Mindestlohn eine Arbeitslose mehr produziert - meine stinkfaule Putzfrau hätte sich dann bei den Sozen für ihre Entlassung bedanken können, da sie unter dem Mindestlohn für eine 60-Minuten-Stunde verdiente - wenn die exzessiven Mindestlohn-Erhöhungen jedoch so wie in den letzten Jahren weitergehen, muss ich die Minutenzahl je Stunde wohl bald noch auf 90 Minuten erhöhen!). Wenn also meine faulen Angestellten von 6 Uhr morgens bis 20 Uhr abends arbeiten, kommen sie abzgl. 80 Minuten Pause auf exakt 9,75 Stunden und halten somit die aktuelle Arbeitszeitregelung ein! Wobei ich darauf hinweisen muss, dass ich bei meinem täglichen Kontrollanruf um 19:55 Uhr, den ich regelmäßig aus meinem Fernsehsessel in meiner Villa durchführe, immer wieder den einen oder anderen stinkfaulen Angestellten ertappe, der frecherweise bereits nach Hause gegangen ist - dieser kann sich dann am nächsten Tag entweder eine saftige Gehaltskürzung oder gleich seine Papiere abholen!
Allerdings zeigt dies: Man muss als redlicher und fleißiger Arbeitgeber eben flexibel sein und Ideen entwickeln (wie die 80-Minuten-Dr-Gscheidle-Stunde), wenn man mit den drakonischen Mindestlohn- und Arbeitszeitregulierungen irgendwelcher Sozen umgehen muss!
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Diethelm Gscheidle
(fleißiger und toleranter Scheff, Verkehrswissenschaftler & Dipl.-Musikexperte)
Uwe Dr. Prutscher
am 11.01.2019falls Sie ihren Namen "in Echt" preisgeben, fügt er sich gut zu Ihrer Empörung: Gescheit ist Ihre punktuelle Fallbeschreibung kaum - sie ist m.E. in Argumentation und Ton SO inakzeptabel - nicht nur kurz nach Weihnachten.
Horst Ruch
am 11.01.2019