Es war einmal ein Umweltminister. Ein Roter, der sich so sehr mit den Schwarzen anlegte, dass Ministerpräsident Erwin Teufel noch viele Jahre danach farbig schildern konnte, wie sehr ihn dieser Harald B. Schäfer auf die Palme brachte. Zum Beispiel mit dem – weltweit ersten und letzten – Ozonversuch, den der Sozialdemokrat in Heilbronn und Neckarsulm durchsetzte. Im Juni 1994 gab es vier Tage lang weitreichende Fahrverbote, außer für Benziner mit geregeltem Dreiwegekatalysator und schadstoffarme Dieselfahrzeuge. "Dreckschleudern", so Schäfer, mussten von der Straße, weil untersucht werden sollte, ob Ozonkonzentrationen bei sommerlichen Hochdruckwetterlagen auf diese Weise reduziert werden können. Auf der Autobahn galt Tempo 60 und die Industrie musste ihre Produktion drosseln, Audi inklusive.
Aus Schäfers Sicht musste die damalige Große Koalition "unbedingt" handeln: An viel zu vielen Tagen lag der Ozonwert über den hochproblematischen 180 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. Älteren Menschen oder den Eltern kleiner Kinder wurde 1992 landesweit an 84 Tagen geraten, körperliche Anstrengungen im Freien zu vermeiden. 1993 waren es immer noch 69 Tage. Der von der Autolobby heftig kritisierte und von Teilen der CDU hämisch begleitete Versuch zeigte am Ende, dass durch lokal begrenzte und zeitlich befristete Eingriffe in Verkehr, Industrie und Gewerbe die bei sommerlichen Hochdruckwetterlagen auftretenden Ozonspitzen kaum bis gar nicht gekappt werden können. Bis zu seinem Tod 2013 lobte der frühere Studienrat Schäfer die unpopuläre Aktion dennoch, weil die Politik damit gezeigt habe, dass sie sich das Primat des Handelns nicht aus der Hand nehmen lasse: "Nicht durch die Industrie, nicht durch die Autofahrer, nicht durch Urteile."
CDU gibt Entscheidung an Gerichtsgarderobe ab
Im aktuellen Streit um Fahrverbote für Dieselfahrzeuge der Euronorm 5 könnten sich die Verkehrs-, die Umwelt- und all die anderen Politiker der CDU Schäfers Haltung als Vorbild dienen lassen. Stattdessen geben ausgerechnet die, die sonst nie um starke Sprüche verlegen sind, die eigene Verantwortung für Prüfen und Entscheiden an der Garderobe des Verwaltungsgerichtshofs in Mannheim ab. Den Nagel auf den Kopf trifft CDU-Generalsekretär Manuel Hagel, weil der die taktischen Überlegungen der Schwarzen öffentlich macht: "Wer den zweiten Schritt vor dem ersten tun will, kommt ganz schnell ins Straucheln." Die Koalition sei einig, "dass wir nacheinander sinnvolle Schritte zur Luftreinhaltung gehen und dabei Fahrverbote für Euro-5-Diesel vermeiden wollen (...) und dazu gehört, ohne Wenn und Aber alle Rechtsmittel gegen die aktuelle Entscheidung auszuschöpfen".
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Peter Hermann
am 12.08.2018