Ganz anders der Umgang mit Martin Jäger: Mit "wärmsten Worten" berichtet einer, der dabei war, sei der scheidende Staatssekretär im Kabinett verabschiedet worden. Auch öffentlich und "persönlich" zollte ihm der Ministerpräsident "hohe Anerkennung für die geleistete Arbeit". Wenn aber wahr ist, dass mit dem gebürtigen Ulmer eine derartig wichtige Stütze geht, dann muss das Auswirkungen auf die Arbeit der Koalition haben. Deren Kern, sagt der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen Uli Sckerl tapfer, sei aber nicht berührt. Was in Wirklichkeit noch gar nicht abzusehen ist.
Denn zum einen will der Innenminister erst bis Ostern über Jägers Nachfolge entschieden haben. Kommt der Neue abermals nicht aus der Fraktion, ist der nächste Aufruhr programmiert. Und zum anderen wird – gerade unter Grünen – darüber diskutiert, dass die Zwischenbilanz dieser Landesregierung noch nicht wirklich strahlend ist. Die versprochene Nullverschuldung steht zwar, aber in der Klima- und der Bildungspolitik, bei der Integration von Flüchtlingen, dem Umgang mit der Automobilindustrie und so weiter und so fort muss noch intensiv nachgearbeitet werden.
Die Eieruhr tickt
Da stört Unruhe an der Personalfront, zumal die CDU sogar noch einen politischen Staatssekretär besetzen könnte. Ein Amt, das ihr in den Koalitionsverhandlungen 2016 zugesprochen wurde, das aber bisher ungenutzt blieb. Und die Eieruhr tickt. Nach der Sommerpause ist Bergfest der Legislaturperiode, die Kommunal- und Europawahlen am 26. Mai nächsten Jahres werden die Zusammenarbeit in der von Kretschmann so getauften "Komplementärkoalition" kaum erleichtern. 2020 beginnt spätestens im Herbst der Wahlkampf für die nächste Landtagswahl – unter anderem mit der spannenden Frage, ob beide Parteien vorher voll Stolz und Freude ihren Willen zum Weitermachen verkünden werden. Nur zur Erinnerung: Strobl hatte den Grünen schon vor der ersten offiziellen Sondierungsrunde vollmundig den Stuhl für in fünf Jahren vor die Tür gestellt und eine weitere Zusammenarbeit ausgeschlossen.
Aus CDU-Sicht hatte der zu früh gegangene Jäger jedenfalls die nächsten Jahre maßgeblich mitprägen sollen. Im September 2016 war er der Fraktion nicht nur als zuständig für Polizei, Feuerwehr, Katastrophen- und Verfassungsschutz sowie Flüchtlingspolitik und einiges mehr vorgestellt worden – besonders gute Parteifreunde fragten damals schon gehässig: "Und was macht eigentlich der Minister?" – Jäger galt auch als "brillanter Kopf" mit Blick auf 2021.
Am Dienstag war "the Brain", wie der gebürtige Ulmer im Berliner Politikbetrieb genannt wird, kein großes Thema mehr in der CDU-Fraktion, von einer eher beiläufigen Verabschiedung abgesehen. "Die Reihen fest geschlossen", sagte einer danach, werde jetzt auf Strobls Entscheidungen gewartet. Was dem großen Mosaik nur ein weiteres Steinchen hinzufügt, das zeigt, wie der auf geradezu skurrile Weise beim grünen Koalitionspartner mehr Rückhalt hat als in den eigenen Reihen. Fortsetzung folgt auf jeden Fall. Im Landtag oder vor dem Saloon. Denn da liegt ja noch das tote Pferd.
3 Kommentare verfügbar
Fritz Meyer
am 21.03.2018Und die Wähler werden hoffentlich schon bis zur nächsten…