Es sei unzutreffend, sagt Bundesanwalt Herbert Diemer am ersten Tag der Plädoyers, "wenn immer noch kolportiert wird, der NSU-Prozess habe seine Aufgaben nur unzureichend erfüllt". Denn mögliche Fehler staatlicher Behörden aufzuklären, das sei Aufgabe politischer Gremien. Die wiederum sehen sich der apodiktischen Einschätzung der Bundesanwaltschaft gegenüber, alle irgendwie Beteiligten seien anwesend im Saal 101 des Oberlandesgerichts. Bei jenem Thema, das die baden-württembergischen Landtagsabgeordneten primär interessiert, wird Diemer besonders deutlich: Spekulationen um weitere NSU-Mittäter im Fall der erschossenen Polizistin Michèle Kiesewetter seien "haltlos", "Irrlichter" und "Fliegengesumme". Kiesewetter sei gestorben, "weil sie Repräsentantin der verhassten Polizei war", die Täter seien "Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe" gewesen. Sie hätten "all dieses Unheil angerichtet, unterstützt von den vier hier Mitangeklagten".
Die angesprochenen politischen Gremien wollen diese These keinesfalls so stehen lassen. Der zweite Stuttgarter NSU-Ausschuss wird sich nach der Sommerpause abermals mit Hinweisen zur Anwesenheit von Geheimdiensten auf der Heilbronner Theresienwiese am 25. April 2007 und möglichen Unterstützern befassen. Der Ausschussvorsitzende Wolfgang Drexler (SPD) drängt die Bundesanwaltschaft außerdem weiter zur Mithilfe. Bis kurz vor der Tat waren zwei Islamisten in unmittelbarer Nähe eingeloggt. Eine erste Bitte um Unterstützung hatte die Karlsruher Behörde postwendend abgelehnt, weil es keine Verbindungen gebe und alle Hinweise bloße Vermutung und nicht durch Tatsachen gestützt seien. Drexler will sich damit nicht abfinden.
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Schwa be
am 04.08.2017