Wie sieht die Kennzeichnung aus?
Es sollte "Produkt aus israelischer Siedlung im Westjordanland" darauf stehen. Wir machen manchmal Aktionen, zum Beispiel gegen Ahava-Kosmetik, die vom Toten Meer kommt oder gegen Hewlett Packard. HP liefert die Sensoren und Überwachungskameras für die Checkpoints und Gefängnisse für Israel. Was mir noch am Herzen liegt: Wir fordern die Aussetzung des Assoziierungsabkommens der EU mit Israel, um ökonomischen Druck auszuüben. Insbesondere müssen sofort alle Waffenlieferungen in die Region gestoppt werden.
Wie kommt es, dass Sie sich für Palästina engagieren?
Ich war in den 1970er Jahren aktiv in der Anti-Apartheits-Bewegung, viele der damals Aktiven engagieren sich heute für Palästina. Im Bundestag habe ich mich oft gefragt, warum es so wenige Abgeordnete gibt, die sich mit Palästina beschäftigen: Dieses Thema ist nicht karrierefördernd. Ähnlich bei JournalistInnen: Man kann sehr schnell und auf sehr üble Weise verleumdet werden.
Lässt sich die Apartheid mit der Situation in Israel vergleichen?
2011 war ich auf einer Konferenz des Russell-Tribunals zu Israel/Palästina in Kapstadt. Der Ideengeber war Stéphane Hessel, der das Buch "Empört Euch" verfasst hat. Nach den Zeugenaussagen über die gravierenden Menschenrechtsverletzungen sagte der Generalsekretär der COSATU-Gewerkschaft in Südafrika, dass die Apartheid in Israel/Palästina schlimmer sei als in Südafrika, weil AfrikanerInnen bei Gesetzesverstößen, zum Beispiel Verstößen gegen die Passgesetze, immer gewusst hätten, welche Strafe sie dafür erhielten. Das ist in Israel/Palästina anders, da Gefängnisstrafen immer wieder verlängert werden können. Richard Falk, ein renommierter Völkerrechtler, mit dem ich ein Buch herausgebe, hat einen Report für eine UN-Kommission geschrieben, und juristisch ausgeführt, warum die israelische Politik Apartheid ist.
Die UN hat mehrfach Resolutionen gegen den Siedlungsbau erlassen ...
Die Besatzung ist völkerrechtswidrig. Sie widerspricht etlichen UN-Konventionen, ganz krass beim Thema Wasser. Seit der Besatzung ist kein einziger palästinensischer Brunnen gebaut worden. Man braucht für alles eine Genehmigung. Wäre ich Israelin könnte ich Brunnen meiner palästinensischen Nachbarn zerstören, so dass sie kein Wasser mehr haben, ich könnte auch Brunnen bauen. Das dürfen PalästinenserInnen nicht. Auch die Mauer ist völkerrechtswidrig, sie ist hauptsächlich auf palästinensischem Gebiet gebaut. Es gibt Administrativhaft, die unbegrenzt verlängert werden kann. Auch das ist völkerrechtswidrig.
Im Moment befinden sich 1500 Palästinenser im Hungerstreik.
Das ist der letzte Ausweg, auch um die internationale Gemeinschaft über die schrecklichen Haftbedingungen zu informieren. Letztes Jahr war die jüngste Gefangene der Welt ein zwölfjähriges palästinensisches Mädchen. 13 demokratisch gewählte Abgeordnete sind in israelischen Militärgefängnissen, und ca. 400 Kinder und Jugendliche.
Wann sind Sie zum letzten Mal dort gewesen?
Ich habe mit der Free-Gaza-Flottille versucht, in den abgeriegelten Gazastreifen zu kommen. Das ist, wie bekannt, kläglich gescheitert.
Das war also Ihr einziger Israel-Besuch. Wie kam es dazu?
Ich war Mitglied der fünfköpfigen Pax-Christi-Delegation und anfangs waren wir auf den beiden US-amerikanischen Challenger-Schiffen, die aber sabotiert wurden. Darum sind wir auf hoher See auf die Mavi Marmara umgestiegen.
25 Kommentare verfügbar
Andromeda Müller
am 06.07.2017Danke für ihr Einverständnis , Herr Sholem , daß die Herkunft eines Kritikers israels egal ist .
Insofern sollte man weder einen jüdischen noch nicht jüdischen , z.B. einen arabisch- semitischen oder europäischen , Kritiker jemals per se als…