Jetzt also Richard Lutz. Seit dem 22. März ist er der fünfte Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bahn AG seit deren Gründung 1994. Und in jedem Fall ein besonderer Bahnchef. Er ist zunächst keiner aus der Daimler-Kader-Schmiede, was auf seine Vorgänger Dürr, Mehdorn und Grube zutraf. Direkte "Fremdinteressen" sind mit ihm nicht erkennbar verbunden. Er ist allerdings auch kein Eisenbahner. Er teilt mit allen bisherigen Bahnchefs , dass auch er hinsichtlich seines Studiums nichts mit Eisenbahnwesen, Eisenbahnbau oder wenigstens Maschinenbau und Technik zu tun hat. Der ständige Verweis, Lutz' Vater sei Eisenbahner gewesen, ist lächerlich, weil dynastisch-feudal gedacht. Stehen lassen kann man allerdings die Aussage: Lutz kennt die Bahn. Jemand, der seit 1994 bei der Deutschen Bahn AG beschäftigt und seit 15 Jahren in führenden Positionen tätig ist, ja, der kennt den Laden. Aber er kennt ihn halt als Finanzer, als Controller, als Betriebswirtschaftler.
Es ist bezeichnend, dass die Kommentatoren in den Medien sich am 22. und 23. März unsicher waren und sind, ob die Meldung "Richard Lutz neuer Bahnchef" wichtiger ist als die Meldung "Rüdiger Grube demnächst Aufsichtsratsvorsitzender der Hamburger Hafengesellschaft". Das hat sicher damit zu tun, dass die letztgenannte Meldung das Zeug zur Soap hat. Aber auch damit, dass die Wahl von Lutz von vielen als verlängerte Übergangslösung wahrgenommen wird. Woran ja auch viel Wahres ist.
Wendet man sich dem Profil von "Bahnchef Lutz" zu, so fallen drei Eigenschaften ins Blickfeld: Rationalisierer, Privatisierer und Sesselwärmer.
1. Der Rationalisierer
Lutz ist ein Rationalisierer vom Dienst. Das hat zunächst mit seiner Ausbildung als Betriebswirtschaftler und seiner Bahntätigkeit als Controller und – seit 2010 – als Finanzvorstand zu tun und lässt sich auch durch die Praxis belegen. Lutz und Rüdiger Grube sind beispielsweise gemeinsam für das neue Rationalisierungsprogramm "Opex" verantwortlich, das am 16. Oktober 2016 beschlossen wurde. Mit diesem soll vor allem bei der Instandhaltung der Züge radikal gespart, sollen unter anderem die Personalkosten in diesem Bereich nochmals um 15 Prozent reduziert werden. Es droht die Schließung weiterer Zug-Reparaturwerke.
Ein vergleichbares Sparprogramm hatte bereits Hartmut Mehdorn 2005 mit Blick auf den Bahnbörsengang durchführen lassen. Damals wurden in diesem Zusammenhang die Intervalle der Ultraschallprüfungen bei den ICE-Achsen extrem verlängert, um Kosten zu senken. Am 8. Juli 2008 gab es dann einen fatalen Achsbruch bei einem ICE in Köln; glücklicherweise bei einem Tempo von 10 Stundenkilometern, weswegen ein zweites Eschede vermieden werden konnte.
Lutz argumentierte am 25. März 2015 vor dem Verkehrsausschuss des Bundestages, die – satten – Gewinne im Bereich DB Netz seien eher zu niedrig; es sei notwendig, den "Cash Flow zu steigern", um auch hier eine "Verzinsung im Bereich der Infrastruktur" zu erreichen. Er plädierte damit faktisch für höhere und damit für noch stärker bahnverkehrsverhindernde Trassenpreise. Als Begründung führte er die Höhe des in diesem Bereich "gebundenen Kapitals" an – eine extrem engstirnige, rein betriebswirtschaftliche Argumentation, die beispielsweise nicht berücksichtigt, dass das in der Infrastruktur angelegte Kapital fast ausschließlich aus Bundesmitteln stammt. Nach dieser Logik müsste die Lkw-Maut auf Autobahnen mehr als verzehnfacht werden.
4 Kommentare verfügbar
Schwabe
am 30.03.2017Wie der Name schon sagt bekommt man Vorgesetzte vorgesetzt - so demokratisch wie schlechtes Essen im Knast.
Und Vorgesetzte unter einer politisch bürgerlichen Herrschaft werden immer nach den Grundsätzen deren politischer Ziele eingesetzt und nicht…