Jeder kennt die Zwickmühle. Etwa im Kino, wo sich nach wenigen Szenen zeigt, dass der Film grottenschlecht ist. Soll man rausgehen, um die kostbare Zeit besser zu nutzen? Viele bleiben sitzen – und treffen damit die falsche Entscheidung. Denn das Eintrittsgeld ist immer weg, egal ob der Film gut oder schlecht ist. "Sunk Costs", versunkene Kosten, sagen Betriebswirtschaftler dazu.
Nicht nur im Kino, auch auf den Großbaustellen der Republik stellt sich die Frage, ob Aussitzen oder Aussteigen sinnvoller ist? Spätestens dann, wenn nach dem Baustart die Kosten explodieren. Und der Verdacht besteht, dass ein Projekt nicht den versprochenen Nutzen bringt. "In diesen Fällen taucht die Sunk-Cost-Problematik auf, welche eine spezielle Vorgehensweise erfordert", beschreibt der Wormser Wirtschaftsprofessor Peter Hoberg auf der Internetseite controllingportal.de derartige Entscheidungsprozesse. So könnten etwa bereits angefallene Planungs- und Baukosten nicht mehr zurückgedreht werden, wenn ein Projekt eingestellt würde. "Sie dürfen somit für Entscheidungen nicht mehr berücksichtigt werden", betont Hoberg. Nur zukünftig beeinflussbare Nutzen und Kosten sind relevant, so die wichtigste Entscheidungsregel nach dem Projektstart. In die Gesamtabrechnung oder Schadensermittlung fließen Sunk Costs dagegen wieder ein.
Die Bahn sitzt im falschen Film
Nimmt man diese Prämissen, dann sitzt auch die Deutsche Bahn mit Stuttgart 21 im falschen Film. Bekanntlich erschütterten bereits heftige Kostenexplosionen das Projekt, das den bestehenden Kopfbahnhof in eine unterirdische Durchgangsstation verwandeln soll. Einst auf 2,3 Milliarden Euro taxiert, buddelt der Staatskonzern seit der spektakulären Kostenkorrektur im März 2013 (plus zwei Milliarden Euro) in einem Finanzierungskorsett von 6,5 Milliarden. Ohne genau zu wissen, wer die Mehrkosten stemmt. Aber nach eigenen Angaben mit der Gewissheit, bei Stuttgart 21 nie "den Maßstab der Wirtschaftlichkeit zu erreichen". Allerdings hatte Bahnchef Rüdiger Grube als "Sollbruchstelle" für Stuttgart 21 auch schon 4,53 Milliarden Euro genannt. Das war am 8. November 2009, kurz nach der feierlichen Unterzeichnung der Finanzierungsvereinbarung mit den Projektpartnern Land, Stadt und Region Stuttgart.
16 Kommentare verfügbar
maguscarolus
am 23.02.2016Lesen sollte man können! Es ist von dem Teil des Geldes die Rede, die wieder in Form von Steuern an die öffentliche Kassen zurück fließt. Dass Steuern Einnahmen der öffentlichen Hand sind, das geht freilich in den Schädel der "Schwäbischen Hausfrau" nicht hinein – erst…