Ein Vorgang in der Bundespressekonferenz erscheint Jung symptomatisch: 2015 klagt die AfD Kanzlerin Merkel als Schlepperin an und präsentiert einen Zehnpunkteplan. In den folgenden Monaten merkt er, dass sieben oder acht Punkte der AfD von der Regierung Merkel umgesetzt werden. Die Regierung habe das in der Hoffnung gemacht, die Leute ruhig zu stellen. Das Gegenteil sei eingetreten.
Der Spruch mit den drei Fingern könnte von meiner Mutter stammen.
Kluge Frau, jedenfalls klüger als alle diejenigen, die glauben, das Internet sei an allem schuld. Warum gehen die Jungen denn ins Netz? Weil es böse ist? Sie gehen ins Netz, weil es leichter zugänglich, leichter verständlich und authentischer ist. Und warum stellen die Verleger ihr Zeug ins Internet, wenn es so böse ist?
Weil sie sonst den Totengräber bestellen können. Sagen sie.
In Österreich gibt es ein schönes Gegenbeispiel: die Wochenzeitschrift "Falter". Die verschenkt nichts. Auf ihrer Homepage kündigen sie zwar auch ihre Kracher an, lesen kann man sie aber nur in der gedruckten Ausgabe. Wenn man da konsequent ist und die Türe zulässt, gewöhnen sich die Leute daran und zahlen irgendwann auch dafür.
Inzwischen sind die Verlage Meister darin, die ausgefuchstesten Paywalls hochzuziehen.
Mit mäßigem Erfolg. Relevante Nachrichten finde ich überall. Wenn ich sie über den "Spiegel" nicht kriege, gehe ich halt zum "Stern", der mir sagt, was im "Spiegel" gestanden hat.
Das werbefinanzierte Pressemodell scheint an sein Ende zu kommen.
Ja, und es beschleunigt sich durch Google, Facebook und Youtube. Dorthin wandern die Zielgruppen der Werbung und damit auch die Werbebudgets. Das wäre nur politisch zu beeinflussen, wenn man sagen würde: Na, dann besteuern wir die mal schön und finanzieren die alten Modelle quer, die uns so wichtig sind.
Sie selbst sagen: Kritischer Journalismus und Werbung vertragen sich nicht.
Ein Werbefuzzi will immer ein angenehmes Umfeld. Wer schaltet gern Reklame, wenn es um IS-Terror oder den NSU geht? Kritischer Journalismus ist per se werbeunfreundlich.
Quote wäre aber schon nicht schlecht.
Niemand will ein Produkt anbieten, das kein Mensch interessiert. Aber in der heutigen Zeit noch mit der Kategorie Quote anzutreten, ist abenteuerlich. Insbesondere beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Warum kaufen die sündhaft teure Sportrechte ein?
Wegen der Grundversorgung ihres Publikums. Sagen sie.
Quatsch. Weil sie damit ihre Quote am Jahresende noch einigermaßen halten. Sonst würde rauskommen, dass noch viel weniger junge Leute ARD und ZDF gucken. Viel gescheiter wär’s, sie würden das Geld, das sie in Sportrechte stecken, in neue Sendungen investieren. Warum läuft denn jetzt kein neues Format im "Zweiten" in der Zeit, in der es früher die Championsleague gebracht hat?
Stimmt. Da müsste Geld übrig sein.
Aber hallo. Mit diesem Geld könnte man wahrscheinlich mindestens zehn Sendungen produzieren. Mit jungen Leuten, für junge Leute, und mit dem Mut zum Risiko, etwas schiefgehen zu lassen. Daraus habe ich selbst am meisten gelernt. Ich bezeichne mich nicht von ungefähr als freien Chefredakteur.
11 Kommentare verfügbar
Peter Nowak
am 02.12.2019