
Lasst uns über Bäume sprechen! Die Zeiten, in denen nach Bertolt Brecht "ein Gespräch über Bäume fast ein Verbrechen ist, weil es ein Schweigen über so viele Untaten einschließt", diese Zeiten sind doch längst vorbei. Jetzt ist nicht nur der Hambacher Forst ein Hort des Widerstands gegen die Klimakatastrophe geworden, jetzt wird mit Wohl und Wehe der Bäume das Schicksal der ganzen Erde verknüpft. In Sachbüchern wie "Das geheime Leben der Bäume" und in Romanen wie "Die Wurzeln des Lebens" wird der Baum zu einem fast mythischen Geschöpf, das mit seinesgleichen mittels biochemischer Netzwerke kommuniziert. Und was machen diese buchstäblich höheren Wesen in Salomé Jashis Dokumentarfilm "Die Zähmung der Bäume"? Sie fahren übers Meer.
Es sind keine kleinen Gewächse. Es sind grüne Riesen, so dass es aus der Entfernung aussieht, als stünden sie auf einer Insel. Tatsächlich sind diese Bäume mit Stahlseilen auf einem Floß fixiert und werden von einem Schlepper Richtung Horizont geschoben. Wohin genau? Na, das kriegen wir wohl später!? Bevor die Regisseurin uns aber ausgiebig über dieses surreal wirkende Bild staunen lässt, hat sie beobachtet, wie die Wurzeln dieser Bäume mit Baggern und Bohrern freigelegt und danach umwickelt und verschalt wurden; wie Schneisen in den Wald geschlagen wurden, um eine Straße für den Transport zu bauen; wie aus dem Meer ein Taucher watete, der eine nicht zu seichte Landungsstelle ausgesucht hat.
"Dieser Mann ist echt verrückt nach Bäumen", sagt einer der Arbeiter. Welcher Mann? Na, das kommt wohl noch?! Der Arbeiter jedenfalls und seine Kumpel tragen fast alle dreckige T-Shirts und zerschlissene Jogginghosen, sie hacken, sägen, schaufeln und hocken abends auch mal wortkarg am Feuer. Sie wissen eben auch nichts Genaues über das, was hier passiert, genauso wenig wie die ärmlichen Dörfler, die ihre Bäume verkaufen. An wen? Wie gesagt, den Auftraggeber kriegen wir wohl später. Hm. Nein, den kriegen wir gar nicht. Denn die Regisseurin will nichts erklären, nur schauen. Sie verzichtet auf Inserts, Interviews oder Voice-Over-Kommentare, legt also keine Informationen über die Bilder. Sollen die für sich selbst sprechen?
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