
Da tafelt sie nun also, diese Gesellschaft rund um den Herzog von Chamfort (Benjamin Lavernhe). Diese blasierten und gepuderten Perückenträger! Diese arroganten Sausäcke mit den "feinen" Manieren! Dieses Hochadel genannte Pack, das sich am wohlsten fühlt, wenn es auf andere herunterschauen kann! Noch ahnen diese Herrschaften nicht, dass ihnen bald eine Revolution bevorsteht, noch können sie befehlen, tadeln und strafen wie es ihnen beliebt.
Jetzt ist gerade der Koch Manceron (Grégory Gadebois) dran, ein in jedem Sinn gewichtiger Mann, der dieser herablassenden Schmarotzerrunde ein opulentes Mahl bereitet hat. Zuerst wird er noch mit rhetorisch-affektierten Lobgirlanden umrankt, dann aber eröffnet des Herzogs Hauspfaffe die Kritikschleuse und ein Schwall von Gemeinheiten ergießt sich über den stoisch-stumm bleibenden Manceron. Wie konnte er es wagen, diesen feinen Leuten so vulgäre Dinge wie Kartoffeln vorzusetzen!? "Das ist für die Schweine!", wütet der Pfaffe und wirft dem Koch zum allgemeinen Adels-Amüsement seinen Teller vor die Füße.
Doch da stellen wir ZuschauerInnen uns schon vor, wie dieser hundsgemeinen Gesellschaft der Nachtisch per Guillotine verabreicht wird! Aber noch ist es nicht soweit, noch muss der Held mit seinem Sohn das Schloss verlassen, muss durch Wind und Wetter hindurch und sich schließlich im verkommenen Bauernhaus des alten Vaters einrichten. So richtig köpferollend will es der Regisseur Éric Besnard ("Birnenkuchen mit Lavendel") ja auch gar nicht haben. Kein Blutgericht soll sein Film werden, sondern eine bildersatte Feier kultivierter Nahrungszubereitung und -zufuhr. "Freiheit geht durch den Magen", so lautet der Untertitel des Films, der die Erfindung der bürgerlichen Gastronomie als Vorbote der Revolution sieht. Und schon fast als diese selbst.
Sehr sinnlich – das Essen, die Liebe, die Rache
Ein Wohlfühlfilm also. Und wenn man das akzeptiert, kann man "À la carte" durchaus genießen. Wie da zunächst in der großen Schlossküche geschnippelt, gebrutztelt, gebacken, gekocht und gegart wird, wie da aus Mehl, Eiern und Milch ein Teig entsteht, wie Hände ihn kneten und formen, wie daraus schließlich Törtchen werden! Sehr sinnlich inszeniert und mit Musik vorangetrieben sind diese Bild-Ton-Montagen. Das sieht alles so appetitlich aus, dass man sofort reinbeißen möchte. Und das geht so weiter in der kleineren und rustikaleren Küche des idyllisch gelegenen Vaterhauses, das Manceron zur wirtschaftlich betreuten Raststätte umrüstet. Schön sieht's aus: atmosphärische Landschaftsmalerei mit der Kamera; Interieurs wie von Rembrandt oder Vermeer; und immer wieder das Essen als vergängliche Kunst, hier jedoch festgehalten in von flämischen Stillleben inspirierten Bildern.
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