Wie haben Sie bis jetzt die Pandemie überlebt?
Überlebt habe ich durch geschicktes Anschaffen von Förderungen, aber auch durch Aufbrauchen von Rücklagen. Und ich arbeite ja auch im Training, im Unterricht für Schauspieler, für Sprecher, bilde Führungskräfte im rhetorischen Bereich aus. Das lief alles weiter. Online, aber es lief.
Welche Fördertöpfe gibt es denn?
Es gibt normale Projektfördertöpfe, das heißt, wir haben für diesen Zeitraum natürlich Projekte geplant und die beantragt. Das sind Fördermittel von der Kommune, von Stiftungen und das sind Fördermittel vom LAFT, dem Landesverband freier Theater.
Das hört sich nach vielen Möglichkeiten an. Und dazu noch Coronahilfen. Da dürfte es den Theatern ja jetzt gut gehen, oder?
Das darf man nicht so über einen Kamm scheren. Ich habe die öffentlichen Theater, natürlich geht’s denen gut. Ich kenne Bühnen, denen geht es besser als vorher. Wenn ich sonst nur drei, vier Prozent durch Eintrittseinnahmen einspiele, geht’s mir natürlich besser, wenn ich jetzt durch die Kurzarbeit mehr spare. Den freien Einrichtungen, den freien Theatern geht es sehr wohl schlechter, auch wenn es da Unterschiede gibt. Wir spielen in normalen Jahren bis zu 40 Prozent selbst ein. Das heißt, wenn ich keine Vorstellungen habe, habe ich automatisch einen 40 Prozent kleineren Haushalt. Abgesehen davon, dass mir die Projektfördermittel auch noch wegbrechen, weil es ganz schwer zu begründen ist, warum Projektfördermittel ausgezahlt werden sollen, wenn keine Vorstellungen stattfanden. Das heißt: Uns geht es definitiv schlechter und man kann sagen, der Einbruch unseres Etats liegt bei 20, 25 Prozent. Das ist enorm, wenn man sonst auch schon an der Unterschwelle arbeitet.
Was heißt Unterschwelle? Was verdient der Intendant des Centraltheaters?
Der hat hier einen Midijob (Arbeitsverhältnis mit Verdienst von mehr als 450 und weniger als 1300 Euro, d. Red.). Wir haben hier zwei Midijobstellen, zwei Bundesfreiwillige und dann haben wir nur noch freie Mitarbeiterinnen.
Wie passend waren eigentlich die Coronagelder?
Die Förderung gerade im ersten Lockdown war sehr schnell und unkompliziert. Ich glaube allerdings, die Förderung wurde nicht für die Kultur gestrickt, sondern man hat eben einige Löcher gesehen, und alle sollten ein bisschen was kriegen. Aber das wird der Sache nicht gerecht. Man hat in Deutschland immer noch das Prinzip: Es gibt die professionelle Kunst und Kultur, und es gibt die sogenannte Breitenkultur. Der LAFT zum Beispiel, also der Landesverband der freien Theater, hat die Aufgabe, Landesmittel zu verteilen. Mit dem bin ich immer wieder im Streit, weil der sagt: Was Sie hier machen, entspricht nicht den Kriterien professioneller Kultur. Ich frage dann immer: Was sind denn die Kriterien für professionelle Kultur? Aber der LAFT kriegt es nicht hin, mir die aufzuschlüsseln. Scheinbar hat jeder dort eigene Kriterien, und die werden nicht veröffentlich. Das ist ein großes Problem. Weil ich dazwischen liege. Mir ist es egal, ob die Schauspieler eine professionelle Ausbildung haben oder nicht. Die sollen was zu erzählen haben und die handwerkliche Fähigkeiten mitbringen. Manche stehen zum ersten Mal auf der Bühne, andere machen seit 30 Jahren nichts anderes, aber das ist mir egal. Der LAFT jedoch sagt: Sie machen nicht professionelle Kunst, Sie machen Breitenkultur.
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