Neu im Kino! Es läuft diese Woche an: "Man from Beirut". Wie bitte? Die Kinos sind doch in ganz Deutschland geschlossen?! Ganz Deutschland? Nein, eine von unverbesserlichen Filmliebhabern frequentierte Variante hat angefangen, dem Corona-Eindringling Widerstand zu leisten. Das Autokino boomt, also jener lange Jahre marginalisierte Ort, bei dem sich das Publikum seinen eigenen Zuschauerraum mitbringt respektive diesen auf vier Rädern vor die Leinwand rollt. Jetzt aber sind im Autokino nicht nur Publikumsklassiker wie "Dirty Dancing" oder schon vor der Krise angelaufene Filme wie "Die Känguru-Chroniken" zu sehen, nein, es wagen sich auch erste Premieren vor die Windschutzscheiben. Im Autokino Kornwestheim zum Beispiel der eingangs erwähnte Thriller "Man from Beirut", in dem der blinde Killer Momo (Kida Khodr Ramadan) durch die Berliner Unterwelt gejagt wird. Apropos Berlin: Dort läuft der Film nicht an, die Stadt hat nämlich kein Autokino.
Da war sogar die Steinzeit schon weiter als Berlin! Fred Feuerstein zum Beispiel strampelt fröhlich und samt Familie (achtköpfig, wenn man die beiden Haustiere mitrechnet) zum Drive-In-Movie, wo das in Stein gemeißelte Programm immer den Dino-Grusler "The Monster" ankündigt, also einen Vorläufer der "Jurassic Park"-Serie. Und Monster- beziehungsweise Horrorfilme waren auch in den fünfziger und sechziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts, in denen das US-Autokino seine beste Zeit erlebte, das beliebteste Genre. Peter Bogdanovich hat dann im Jahr 1968 mit "Targets" eine Art Abgesang auf das Drive-In-Kino inszeniert. Während auf der Leinwand die alte Horror-Ikone Boris Karloff einen letzten Auftritt hat, bricht um das Kinoparkfeld herum der moderne Schrecken aus: Ein traumatisierter Vietnam-Veteran ist auf einen Wasserturm gestiegen und schießt in die Wagenreihen.
Mit ein bisschen Drive
Das Autokino Kornwestheim wurde 1969 eröffnet, also ein Jahr nach der Premiere von "Targets". Anders als die USA, wo das Drive-In-Movie für viele Teenager erste Knutschgelegenheiten bot – die letzte Reihe wurde Lovers Lane genannt –, war Deutschland vorher eher Autosehnsuchtsland, ein eigenes Vehikel jedenfalls war vor allem für junge Menschen unerschwinglich. Und auch danach war und blieb das Autokino bei uns ein Ort der Nostalgie, eine von Popcorn umwehte Hommage an den American Way of Life. Intellektuelles deutsches Kino, sagen wir mal von Alexander Kluge, war eher nicht zum Durchsitzen auf Autosesseln geeignet. Was da vor dem Nachthimmel abläuft, sollte schon ein bisschen Drive haben, ein bisschen Bewegung, ein bisschen Musik und Action. In"Man from Beirut" wird viel Auto gefahren, es ist Rapmusik von Veysel zu hören (der selber mitspielt), und geschlagen und geschossen wird auch.
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