Der Streamingdienst Netflix hat jetzt das Werk von Hayao Miyazaki im Angebot. Hallo?! Ein bisschen mehr Applaus bitte! Also noch einmal: Netflix hat seit 1. April die Filme jenes Anime-Großmeisters im Programm, der bei der Berlinale mit der wunderbaren Geistergeschichte "Chihiros Reise ins Zauberland" (2002) den Goldenen Bären und in Hollywood den Oscar für den besten animierten Spielfilm gewann, der später auch noch einen Oscar für sein Lebenswerk erhielt, also für Filmfantasien von einem erzählerischen und visuellen Reichtum, der seinesgleichen sucht, und dazu noch Preise für ... Nein, man kann nicht alle Preise aufführen, die der 1941 in Tokio geborene Miyazaki gewonnen hat. Nicht nur in Japan ist dieser Mann, der 1985 mit seinem Freund und Kollegen Isao Takahata ("Die letzten Glühwürmchen") sein auf japanische Zeichentrickfilme spezialisiertes Ghibli-Studio gegründet hat, längst eine Legende.
Man muss nur mal kurz reinschauen in diese Filme, schon wird man eingesogen von ihrer Atmosphäre, von den Farben und Formen, von der Musik des Komponisten Joe Hisaishi – mal zart andeutend, mal elegisch, mal energisch zupackend – und auch vom Sounddesign, das jeden einzelnen Regentropfen hören lässt. Wie großartig Miyazaki Nacht und Nebel, Wasser und Wald, Wind und Wolken inszeniert, das ist im Animationsfilm noch immer unerreicht. Und dann natürlich die in realistisch gezeichnetem Umfeld agierenden Charaktere, die auch aus dem Tier- und Märchenreich stammen können! Leicht karikierend sind die Köpfe der Menschen gezeichnet, und doch – oder gerade deshalb!? – werden sie alle ungeheuer lebendig durch ihre Mimik, ihre Körperhaltung, ihre Bewegungen. Was Hayao Miyazaki geschaffen hat, sind beseelte Welten.
Auf zu Fern(seh)reisen – es lohnt sich!
In westlichen Ländern allerdings, in denen der Animationsfilm jahrzehntelang von Disney-Produktionen dominiert wurde, ist Miyazaki einem Massenpublikum noch immer nicht so bekannt, wie er es sein müsste. Also gerade in diesen Zeiten: auf in neue Welten, auf zu Fern(seh)reisen nach Japan! Es lohnt sich. Sogar Michael Eisner, bis 2005 als Disney-Chef der größte Konkurrent, gestand mal: "Ich sollte das eigentlich nicht sagen, aber 'Mein Nachbar Totoro' war lange Zeit der Lieblingsfilm meiner Kinder. Er enthält etwas undefinierbar Magisches. Noch bevor der Film in den USA auf Video erschien, hatte ich zu Hause eine japanische Kopie. Die entdeckten eines Tages meine Kinder. Und obwohl sie die Originaldialoge nicht verstehen konnten, faszinierte sie der Film. Ich weiß gar nicht, wie oft sie ihn angeschaut haben." Eisner hat vermutlich mitgeguckt, denn Miyazaki-Filme handeln zwar oft von Kindern, sind aber nicht nur für Kinder.
1 Kommentar verfügbar
Thomas M.
am 22.04.2020Zumindest alle Miyazaki-Fans sollten sich auch den Dokumentarfilm "The Kingdom of Dreams and Madness" anschauen.