Sie will unbedingt nach oben, und nun sitzt die Jungredakteurin Kayla Pospisil (Margot Robbie) auch schon im Büro des TV-Moguls Roger Ailes (John Lithgow) und preist sich und ihre Fähigkeiten an. Sie solle mal aufstehen und sich um die eigene Achse drehen, Fernsehen sei nämlich ein visuelles Medium, erklärt Roger der attraktiven blonden Frau, da müsse er schon wissen, wen er vor die Kamera lasse. Kayla steht auf und dreht sich und lächelt, wenn auch ein bisschen verkrampft. Dann hebt sie, so wie der dick und fett in seinem Sessel lümmelnde Roger es befiehlt, den Saum ihres schwarzen Kleidchens. "Weiter", befiehlt Roger, und Kayla gehorcht. "Noch weiter", so lautet der nächste Befehl. Und dann kann Roger – und wir mit ihm – Kaylas Höschen sehen.
Diese Sequenz vom weißen alten Mann und der gedemütigten jungen Frau ist der Höhe- oder, wenn man so will, der Tiefpunkt in Jay Roachs Film "Bombshell". Er erzählt die wahre Geschichte vom Fox-News-Chef Roger Ailes und vor allem von drei Frauen, die ihn im Jahr 2016 zu Fall gebracht haben. Wobei Kayla eine fiktive Figur ist, zusammengesetzt aus den Erfahrungen mehrerer Fox-Mitarbeiterinnen. Gretchen Carlson (Nicole Kidman) dagegen, lange Zeit ein prägendes Gesicht des Senders, hat den Roger-Ailes-Sex-Skandal tatsächlich angestoßen, und auch die Star-Moderatorin Megyn Kelly (Charlize Theron), die ihre Kollegin nach langem Zögern unterstützt, ist in den USA eine bekannte Figur. Was auch heißt: Dieser Film kann dort auf ein Vorwissen des Publikums bauen. In Deutschland allerdings dürfte sich mancher sogar in Bezug auf den Schurken dieses Stücks fragen: Roger Who?
Zielscheibe frauenfeindlicher Trump-Tweets
Dass "Bombshell" in den vorinformierten USA als Nacherzählung wirkt, bei uns dagegen als mehr oder weniger neue und unbekannte Geschichte, müsste kein Nachteil sein. Zumal die selbstbewusste Megyn Kelly zu Beginn mit spöttischer "Ich-weiß-Bescheid"-Miene durch die Räume von Fox News führt, mal im Voice-Over-Modus sarkastisch kommentierend, wie und was hier so alles läuft, und mal auch direkt in die Kamera sprechend, also zu uns.
0 Kommentare verfügbar
Schreiben Sie den ersten Kommentar!