Ein tropisches Idyll: Wasser, Bäume, Farne. Stein und Moos. Vogelgezwitscher. Zwei junge Frauen streifen durch diese paradiesische Szenerie, bewegen sich frei und ungezwungen, sind ganz Teil der Natur. Alles wirkt plastisch, atmend und sinnlich, so als könne auch der Zuschauer Teil dieser faszinierenden akustisch-visuellen Komposition werden, als könne er in sie hineingreifen, ja, als könne er sie sogar betreten. Brandungsgeräusche sind zu hören, das Meer ist nah, und nun sind die beiden Frauen in einem aufziehenden Unwetter plötzlich getrennt, haben sich verloren, rufen einander. In der Ferne und auf einem Felsen ist diese berühmte Christusfigur zu sehen, es schiebt sich die Stadt Rio de Janeiro ins Bild und mit ihr die Zivilisation. So beginnt nun ein Melodram, also ein Film aus einem Genre, in dem Frauen den Zwängen einer patriarchalischen Gesellschaft ausgesetzt sind, in dem ihre Wünsche zurechtgestutzt werden, in dem sich ihre Liebe nicht entfalten darf. Und in dem sie versuchen, sich diesen Zwängen zu widersetzen.
Es sind die frühen 1950er-Jahre, in denen die beiden jungen Frauen noch im kleinbürgerlich-sittsamen Haus ihrer Eltern leben. Der Vater Manuel Gusmão (Antonio Fonseca) ist Bäcker und ganz selbstverständlicher Herr und Bestimmer, die Mutter (Flavia Gusmao) ganz selbstverständliche Empfängerin seiner Befehle. Eurídice (Carol Duarte), die jüngere der Schwestern, groß und schlank, spielt Klavier und hofft auf eine Karriere als Pianistin. Guida (Julia Stockler) ist kleiner und quirliger, ihre Wünsche vielleicht bodenständiger, aber auch von kompromissloser Unbedingtheit. Beide hängen sie aneinander, erzählen sich in großer Vertrautheit das, was sie den Eltern nicht sagen können oder wollen, machen sich zum Beispiel lustig über den bieder-spröden und schon etwas älteren Freier Antenor (Gregorio Duvivier), den der Vater zum Essen eingeladen hat.
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