Klingel-Klingel-Klingel! Der schluffige Kleinkünstler Marc-Uwe (Dimitrij Schaad), ein Mann Mitte dreißig mit "Migränehintergrund", wird so gegen Mittag in seiner Schlummerei gestört, schlaftrunken schlurft er im schlampigen Bademantel zur Tür, öffnet sie, hört sich die Bitte um Eier des neuen Nachbarn an, der Pfannkuchen backen will, und kommt dieser dann, auf etwas lethargische Weise, auch nach. Klingel-Klingel-Klingel. Wieder macht sich Marc-Uwe auf den Weg zur Tür. Und wieder ist es der Nachbar. Diesmal will er noch eine Schüssel, die er auch kriegt. Klingel-Klingel-Klingel! Na klar, der Nachbar wieder. Einen Herd braucht er jetzt, und weil er schon mal dabei ist, zieht er auch gleich in Marc-Uwes Wohnung ein. Klingel-Klingel-Klingel! Diesmal stehen zwei Polizisten vor der Tür, die nach einem Hausbesetzer fahnden. Nach einem Känguru. Ach ja, das haben wir vergessen zu schreiben: Der Nachbar und neue WG-Mitbewohner ist ein Känguru.
Tja. Den Einstieg zu dieser Filmkritik haben wir also verpatzt. Andererseits wissen ja ziemlich viele, noch bevor sie ins Kino gehen, dass es in den "Känguru-Chroniken" um besagtes Tier geht. Schon wegen des Titels. Aber auch, weil der echte Kleinkünstler Marc-Uwe Kling mit diesem anarchischen Känguru schon viele Jahre in Podcasts und Hör- und Papierbüchern Dialoge führt über Gott und vor allem die Welt. Auf die Bühne hat es das Beuteltier auch schon geschafft, und nun springt es also, inszeniert von Dani Levy ("Alles auf Zucker"), mannshoch auf der Leinwand rum. Dieses hundekickende Viech, das aus seinem Beutel bei Bedarf, so wie weiland Harpo Marx, allerhand rauskramen kann (etwa eine Kettensäge), sieht nicht besonders niedlich aus. Eher wie ein aus der Art geschlagenes Vereinsmaskottchen, das wegen Renitenz freigestellt wurde und nun seinem losen Mund- respektive Maulwerk anderswo freien Lauf lässt. Nämlich in Marc-Uwes Welt, die man mehr oder weniger genau als Berlin-Kreuzberg bezeichnen kann.
Gemütlicher Kiez soll phallischem Tower weichen
Aber das Wort genügt in einem Film natürlich nicht, es muss auch Bild werden, und kleine Diskurshappen, wie früher von Marc-Uwe Kling geschrieben, zu einer durchgehenden Geschichte. Die geht so: Der gemütliche Kreuzberger Kiez ist gefährdet durch den blondierten Porscheprotzer und Immobilienhai Dwigs (Henry Hübchen), der dieses kleinteilige Gewirr abreißen und neu überbauen will, zum Beispiel mit einem Europa-Tower, dessen phallische Anmutung im Modell noch betont wird durch zwei Eier, äh, also durch zwei kuppelartige Nebengebäude. Dieser Dwigs ist außer Immobilienhai auch noch Führer einer rechten Vereinigung (der Code für seinen Safe: 1933!), was für den Film ganz praktisch ist, weil der Kerl so noch mit einer Nazi-Trottel-Gang zusammengebracht werden kann, deren Mitglieder so aussehen, als hätten sie sich mit ihren Baseballschlägern schon mehrfach auf die eigenen Dumpfschädel gehauen.
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