Da flackern Bilder durcheinander wie im Albtraum, da sind Satzfetzen zu hören ("Niemand kann sich neben das System stellen!"), da knallen Schüsse, da windet sich einer im Krankenbett. Alles sehr dramatisch, aber noch schemenhaft und zusammenhanglos. Wie viele der neueren US-Serien schickt auch der Regisseur Lars Kraume ("Der Staat gegen Fritz Bauer") seinem TV-Krimi "Dengler – Am zwölften Tag" prägnante Szenen voraus, die den Zuschauer etwas ahnen lassen, ihn aber vor allem in spannungsgeladene Ungewissheit versetzen. Auf diese rätselhaften Szenen muss der Film nun so zulaufen, dass sie sich in eine Erzählung fügen, dass also aus dem Chaos wieder so etwas wie Ordnung wird. Oder, um es pathetisch für den Krimi überhaupt zu formulieren: dass eine kaputte Welt, wenn sie schon nicht geheilt werden kann, zumindest wieder narrativen Sinn ergibt.
Das Genre verlangt also Aufklärung, wobei sich der Autor Wolfgang Schorlau in seinen Detektivromanen eben nicht mit der simplen Lösung der Whodunit-Frage begnügt. Die Ermittlung des Täters läuft bei ihm immer parallel zur Aufdeckung politischer, sozialer und ökonomischer Zusammenhänge. Bei Denglers sechstem Fall, "Die letzte Flucht", den das ZDF als Vorlage für seine erste und 2015 ausgestrahlte Schorlau-Verfilmung nahm, ging es um die mörderischen Machenschaften der Pharmaindustrie. Im siebten Roman – und in der nun zweiten TV-Adaption – wird der wieder von Ronald Zehrfeld gespielte Dengler eher zufällig in einen Fall von krimineller Massentierhaltung und der Ausbeutung von Fremdarbeitern verwickelt.
Eher zufällig heißt hier: Eigentlich ist der in Stuttgart ansässige, aber im ganzen Land agierende Dengler gerade damit beschäftigt, seiner vom BKA verfolgten Hacker-Freundin Olga (Birgit Minichmayr) aus der Bredouille zu helfen. Doch dann ist sein 18-jähriger Sohn Jakob (Jannis Niewöhner), ein militanter Tierschützer, plötzlich verschwunden, und Denglers verzweifelte Exfrau (Marie-Lou Sellem) verlangt von ihm, der Sache nachzugehen. Was der Detektiv noch nicht weiß, wohl aber der Zuschauer: Der bei der Mutter aufgewachsene Jakob, den der Vater nicht besonders gut kennt, hat bei einem nächtlichen Einbruch in eine Brandenburger Mastanlage ein menschliches Ohr entdeckt und ist dann mit seinen zwei Mitaktivisten von brutalen Security-Leuten in einem Keller festgesetzt worden. Später ist das Trio, zusammen mit den Kollegen eines ermordeten rumänischen Arbeiters, in deren trostloser Unterkunft eingeschlossen.
1 Kommentar verfügbar
Thomas Guteirra
am 21.03.2016Einer der interessantesten deutschen Krimiserien ist m.E. noch untertrieben......
Im neoliberalen, aalglatten, nüchternen, empathielosen, eiskalten, nur dem Großkapital verpflichteten Regierungsstaat Merkel, ein "alternativloser" Film!!!
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