Zum einen ist respektive war da das Deutschlandtrikot. Das mit der Nummer 44. Hat man aus dem Handel genommen, weil die Design-Nazis von Adidas die beiden Ziffern wie SS-Runen aussehen ließen. Ich halte die Entscheidung für richtig: Wir stehen politisch eh schon kurz vor 33, und eine 44 ist immerhin eine halbe 88. Fortuna sei Dank wechselt die Nationalmannschaft bald zu Nike. Mal wieder befreien uns die Amerikaner.
Im Zuge der Vierundvierzigdebatte fällt überdies auf, dass das DFB-Logo gefährlich an den Wotansknoten erinnert, über den der DFB in seiner eigenen Broschüre "Gegen Rechtsextremismus und Diskriminierung" zum "Erkennen von Symbolen und Zeichen" schreibt: "Die drei ineinander verschlungenen Dreiecke, der Valknut beziehungsweise Wotansknoten, ist eigentlich ein germanisches Symbol. Derzeit sieht man es häufig bei extrem rechten Personen." Erstaunlich selbstreflektiert für den DFB.
Wobei der Deutsche Fußball-Bund dem guten alten Wotan auch viel zu verdanken hat: Beim "Wunder von Bern" anno 1954 hielt DFB-Präsident Peco Bauwens neun Jahre nach Kriegsende im Überschwang des WM-Endsiegs eine Lobesrede auf das von der Mannschaft vortrefflich eingehaltene "Führerprinzip" und dankte dem Germanengott Wotan, der der deutschen Elf zum Triumph verholfen habe.
Apropos Germanengott: Andi Scheuer hat sein Bundestagsmandat niedergelegt. Als Staatsbürger sehe ich das mit einem lachenden, als Satiriker mit einem weinenden Auge.
Wird in Bayern gegendert, darf geschossen werden
Beide Augen sind allerdings knallrot unterlaufen, denn: lega-lega-lización! Kiffen ist legal! Im Gegenzug gibt es dafür unter anderem an bayrischen Schulen bestenfalls noch weibliche Lehrer und keine Lehrer:innen mehr: Gendern steht in bayrischen Behörden, Schulen und Hochschulen unter Strafe. Warten wir also gespannt auf die ersten gerichtlich zu klärenden Fälle. Oder wird eh gleich geschossen? Das bayrische Polizeiaufgabengesetz erlaubt seinen Cops bekanntlich den Einsatz von Handgranaten. Vermutlich knallt’s also bald, wenn der weibliche Gemeinschaftskundelehrer sich beim Wort "Bürgerinnen" zwischen den Silben zu viel Zeit lässt.
Doch nicht nur beim Gendern, auch beim Cannabisquarzen ist einem Erfahrungsjuristen wie mir noch manches schleierhaft: Wenn ich die martialischen Ansagen richtig deute, will die anhedonische Verbotspartei CDU/CSU in den von ihr regierten Ländern trotz Legalisierung sämtliche öffentlich qualmenden Joints eigenhändig löschen, am liebsten wohl mit dem Wasserwerfer. Diese verdammten Spaßverderber:innen.
Apropos Innen: Baden-Württembergs Innenminister Strobl warnt vor "Kiffer-Tourismus". Horden von freidrehenden Franzosen imaginiert er, die wie einst Napoleon in le Länd einfallen könnten. Einfach nur, um hier zu buffen, barzen und dübeln, um zu knötern, zu lartzen und zu perzen! Sie wissen schon! Einen durchzwiebeln! Den Busch räuchern! Grünes grillen! Was mit dem Andi unternehmen! Mary Jane daten! Satans Spinat futtern! Die Ausbildung zum Floristen machen! Einen Strobl rauchen, wie ich es künftig nenne. Oder eben für Franzosen: sich das Baguette anstecken! (Schreiben Sie weitere Synonyme gerne in die Kommentare.) Gut, dass es wegen der bevorstehenden Männer-Fußball-Europameisterschaft ohnehin wieder Grenzkontrollen geben soll. Wotan steh uns bei!
Besonders gefährlich: drogierte Franzosen
Aber halt! Un moment, s'il vous plaît! Fanden wir Tourismus nicht mal gut in Stuttgart? Wenn unsere französischen Freunde behufs Drogenrauschs auf den Cannstatter Wasen kamen, hat sich doch auch nie jemand beschwert. Ich selbst habe erst letztes Jahr einen Straßburger – also ja, ich gestehe: einen Franzosen! – durch die Festzelte geführt. Und als ich ihm im Anschluss noch den Brunnenwirt im Leonhardsviertel zeigen wollte, ist er dort nach 45 Sekunden rausgeschmissen worden, weil er im Suff an der auf dem Tisch stehenden Maggi-Flasche geleckt hat. Hätte mich der Strobl nur davor mal gewarnt.
Apropos gewarnt: Stuttgart 21 feiert 30-jähriges Jubiläum! Im April 1994 haben Vertreter von Bahn, Stadt und Land das Projekt erstmals der Öffentlichkeit präsentiert. Daraufhin hat Kurt Cobain sich erschossen.
Die Fertigstellung des dümmsten Bauprojekts seit dem Turmbau zu Babel beziehungsweise "die größte Fehlentscheidung der Eisenbahngeschichte" (Winfried Hermann) war bekanntermaßen für Dezember 2019 geplant. Das Ganze hätte 2,5 Milliarden Euro kosten sollen. 700 Gegendemos später wissen wir: Hat beides fast geklappt!
Damit sind wir auch wieder bei Andi Scheuer. Was das Passauer Universalgenie mit seiner Maut vergurkt hat, wirkt wie Mäusedreck neben dem, was die S-21-Trottel uns eingebrockt haben. Scheuer hat ja nur ein paar hundert Millionen für nichts versenkt. Die S-21-Befürworter indes haben mit ihrer Milliardenverschwendung die Leistung des Bahnhofs wohl am Ende auch noch verschlechtert. Stuttgart ist dümmer als Scheuer.
Ein Denkmal für Scheuer vorm Bonatzbau
Der zum Glück aber all die Jahre parat stand, um als bundesweiter Watschenmann von der schwäbischen Oberidiotie abzulenken. Bei "verkehrspolitische Peinlichkeit" denkt man zuerst an die Maut, nicht an Stuttgart 21. Danke, Andi Scheuer! Wir sollten ihm vor dem Bonatzbau ein Denkmal errichten.
Und wenn wir die ewig unfertigen Bahnhofsreste eh schon umgestalten: Aus den Tunneln machen wir eines Tages ein Kanalsystem. Stuttgart als das Venedig der Zukunft. Schwäbische Gondolieri werden die Besucher:innen aus aller Welt durch die Ruinen des früheren Wirtschaftsstandorts schippern, dazu Hank Häberle und Wolle Kriwanek pfeifen und daran erinnern, dass hier dereinst eine florierende Stadt hätte sprießen können, ehe man sehenden Auges die gesamte Infrastruktur zusammenbrechen ließ.
In die restlichen Baugruben pflanzen wir je nach Entwicklung an der Ostfront ein paar schöne Wohnbunker für die Nicht-Superreichen unter uns, weil Stuttgart 21 ohnehin schon immer ein Immobilienprojekt war. Darin können wir uns zur Not auch vor den einmarschierenden Kiff-Franzosen verschanzen.
Und die Kelchstützen? Ach, die Kelchstützen! Die könnte man vielleicht zu riesigen Urinalen umfunktionieren und über die ganze Stadt verteilen, mit hunderten Trennwänden und Kabinen entlang des Kreisumfangs, sodass Stuttgart endlich mal wieder über ordentliche öffentliche Toiletten verfügte. Es wäre der würdige Abschluss eines Scheißprojekts.
Womit inmitten gegenwärtiger politischer Neuausrichtungen immerhin mal wieder die alte Faustformel bestätigt wäre: Ob Gendern, Kiffen oder Bahnhofsbau – ist die CDU dagegen, sei besser dafür; ist sie dafür, sei dagegen! Drum steck ich mir jetzt erstmal eine:n Strobl:in an.
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