Den Landtag zu besuchen, ist gar nicht so einfach für eine ganze Schulklasse. Bei nur zweieinhalb Tagen im Monat, an denen die die Abgeordneten im Plenum beraten, ist die Anzahl der Termine begrenzt. Insofern hatten die 14- und 15-Jährigen verdientes Glück, dass der Abgeordnete Oliver Hildenbrand (Grüne) einen Vormittag für sie gefunden hat. Ein Gegenbesuch, denn im vergangenen Oktober war Hildenbrand in der Werkrealschule, hat sich Fragen gestellt, ein Interview gegeben und so beim Zeitungsprojekt von Kontext mitgewirkt, an dessen Ende eine ganze Extraausgabe herauskam.
Pünktlich um 8.45 Uhr stehen die etwa 15 Schüler:innen mit ihrer Klassenlehrerin Jennifer Kurrle am Eingang für Besucher:innen des Landtags, ein Mitarbeiter des Besucherdienstes wartet dort bereits auf sie. Verteilt werden Buttons mit der Aufschrift "Besucher" und Anweisungen: "Im Plenum weder klatschen noch rufen, sitzen bleiben, nicht über die die Brüstung lehnen." Jacken, Taschen und Käppis werden abgegeben und weiter geht es in den Elly-Heuss-Knapp-Saal, wo die Jugendlichen im großen Oval an Tischen mit Mikrofonen Platz nehmen. Die nächste Besucherdienstmitarbeiterin gibt eine zackige Einführung: Fünf verschiedene Parteien sind im Landtag vertreten, weil sie über fünf Prozent bei der Wahl bekommen hatten, im Landtag heißen sie dann Fraktionen, Sitze gibt es nach Stimmenanteil, die Grünen sind die größte Fraktion, brauchen aber eine weitere Partei, um eine Mehrheit zu bilden, das ist eine Koalition, in diesem Fall mit der CDU, außerdem gibt es Ausschüsse, und die Landtagspräsidentin sorgt für Ordnung – ein atemloser Ritt durch die Grundlagen des Parlaments. Aufmerksamkeit erlangt die Frage, ob jemand wisse, was Stenografie ist. Schweigen. Kennen viele nicht, sagt die Dame und erklärt die Kurzschrift. In der werden die Landtagssitzungen mitgeschrieben, der Landtag beschäftige sogar den Deutschen Stenografiemeister und eine Weltmeisterin in Mehrsprachenstenografie. Die versammelte Klasse staunt, Arthur fragt: "Welche Ausbildung braucht man dafür?" "Ein Studium plus die Stenografenausbildung und im Landtag noch eine Sonderschulung für die speziellen parlamentarischen Begriffe."
Noch eine Frage an die Schüler:innen: "Wie heißt eigentlich gerade der Ministerpräsident von Baden-Württemberg?" Nachdenkliche Gesichter. Ein Arm bewegt sich zögernd nach oben. Die Besucherdienstbeauftragte: "Ein Tipp: Olaf Scholz ist es nicht." Der Arm fällt runter. Doch dann: "Winfried Kretschmann?" "Richtig."
Bevor es auf die Besucher:innentribüne des Landtags geht, noch einmal Ermahnungen: "Wo ihr sitzt, das ist keine Mitmachtribüne, sondern eine Zuschauertribüne." Und: "Abgeordnete dürfen, ja sollen sogar reinrufen, Zuhörer nicht."
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