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Heer gegen Kienzle

Bis ganz nach oben

Heer gegen Kienzle: Bis ganz nach oben
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Seit zwei Jahren greift der Bordellbesitzer John Heer die Stuttgarter Bezirksvorsteherin Veronika Kienzle (Grüne) juristisch an. Seit sie in einem Kontext-Interview gesagt hat, er betreibe im Leonhardsviertel einen illegalen Puff. Jetzt nimmt er den dritten Anlauf, denn es geht um viel Geld.

Am Gespür für Selbstinszenierung mangelt es dem Mann im cremefarbigen Mantel nicht. Vor der Tür zum Gerichtssaal 155 verkündet John Heer: "So weit ist es noch nicht, dass die 'Bild'-Zeitung mein Anwalt ist, aber ich arbeite daran." Den Eindruck gewinnt tatsächlich, wer deren Berichterstattung liest. Den Anwalt hat der klagefreudige Mann inzwischen gewechselt, sein Lieblingsblatt nicht. Der alte Rechtsbeistand hat ihm auf dem einstweiligen Verfügungsweg keinen Erfolg gebracht, nun will er im Hauptsacheverfahren gegen Veronika Kienzle Recht bekommen.

Heer beabsichtigt der grünen Politikerin drei Äußerungen aus dem Interview verbieten zu lassen, das Kontext im Januar 2022 mit ihr geführt hat (nachzulesen hier). Er betreibe ein nicht genehmigtes Bordell und benutze ein Haus im Leonhardsviertel als illegale Prostitutionsstätte: Das darf Veronika Kienzle weiterhin sagen. Lediglich eine Äußerung betreffend die Vermietung von Zimmern wurde ihr bisher untersagt. "Wir können diese Tatsache aber beweisen", sagt Kienzle-Anwalt Ralf Kitzberger jetzt zum Auftakt des Hauptsacheverfahrens. Und will damit auch diesen Punkt für sich entscheiden.

Kienzle stört Heers Geschäft

Dass die grüne Bezirksvorsteherin dem Mann aus dem Rotlichtviertel ein Dorn im Auge ist, ist nicht neu. Kienzles Engagement für Frauenrechte und gegen Armutsprostitution, ihr Kampf gegen illegale Prostitutionsstätten und für ein lebenswertes Viertel stören Heers Geschäft mit den Frauen. Und das ist lukrativ. 657.000 Euro – so viel Umsatz macht er im Jahr laut eigener Aussage in der Lokalpresse, mit zwölf Zimmern à 150 Euro Tagesmiete in seinem Bordell. Da stört ein städtischer Bebauungsplan gewaltig, der Bordelle und Vergnügungsstätten aus Stuttgarts Rotlichtviertel verbannen will. Darüber soll noch vor der Kommunalwahl im Juni im Gemeinderat entschieden werden. Kein Wunder, dass Ex-OB-Kandidat Heer alle, die seiner Geldquelle gefährlich werden könnten, mit Klagen überzieht: die Stadtverwaltung und unliebsame Medien wie Kontext ebenso wie Kämpferinnen für ein Sexkaufverbot wie die SPD-Bundestagsabgeordnete Leni Breymaier. Und eben auch die grüne Bezirksvorsteherin. Gewonnen hat er in den seltensten Fällen.

Zum Prozessauftakt im dritten Anlauf gegen Kienzle sitzen am vergangenen Donnerstag ausschließlich männliche Zuschauer im Raum 155 des Landgerichts in der Urbanstraße. Mancher wird von Heer persönlich begrüßt, man kennt sich. Der Vorsitzende Richter Oliver Schlotz-Pissarek gibt bei Verhandlungsbeginn zu verstehen, dass er die Urteilsbegründung aus dem Verfügungsverfahren nachvollziehen kann. Vor Heer türmen sich mehr Unterlagen als vor seinem Anwalt. Briefe mit post-its, Zeitungsausschnitte, Mails, und - mit gelbem Marker fast vollständig eingefärbt - das Kontext-Interview. Der 57-Jährge tritt in weiten Teilen als Anwalt in eigener Sache auf, beschwert sich, dass der Mann auf der Königsstraße den Eindruck haben müsse, er betreibe ein illegales Bordell, bezichtigt Kienzle nicht zum ersten Mal der Stimmungsmache und sorgt bei den Richtern für ein kurzes Zucken mit der Bemerkung: "Ich könnte Sie zumüllen mit Unterlagen." Die Wiederholung allein bringe keinen Vorteil, bemerkt der Richter. Die Argumente sind bekannt, Heers Vorgehen auch. Veronika Kienzle pariert die persönlichen Attacken mit unbewegtem Gesicht. Nach einer Stunde zieht sich das Gericht zur Beratung zurück. Und kommt mit der Botschaft zurück, das Urteil in zwei Wochen zu verkünden.

"Mit der Teilabweisung wären wir nicht zufrieden", sagt Heers Anwalt Markus Wekwerth und sein Mandant bekräftigt: "Wir machen weiter bis ganz oben." Kienzles Anwalt Kitzberger kündigt eine ausführliche Stellungnahme nach der Urteilsverkündung an. Die ist für den 25. Januar 2024 anberaumt.

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1 Kommentar verfügbar

  • Gerald Wissler
    am 19.01.2024
    Antworten
    Wie kann jemand in aller Öffentlichkeit ein illegales Bordell betreiben ?
    Und wenn die Behörden es nicht schließen, warum soll es dann illegal sein ?
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