Kienzle stört Heers Geschäft
Dass die grüne Bezirksvorsteherin dem Mann aus dem Rotlichtviertel ein Dorn im Auge ist, ist nicht neu. Kienzles Engagement für Frauenrechte und gegen Armutsprostitution, ihr Kampf gegen illegale Prostitutionsstätten und für ein lebenswertes Viertel stören Heers Geschäft mit den Frauen. Und das ist lukrativ. 657.000 Euro – so viel Umsatz macht er im Jahr laut eigener Aussage in der Lokalpresse, mit zwölf Zimmern à 150 Euro Tagesmiete in seinem Bordell. Da stört ein städtischer Bebauungsplan gewaltig, der Bordelle und Vergnügungsstätten aus Stuttgarts Rotlichtviertel verbannen will. Darüber soll noch vor der Kommunalwahl im Juni im Gemeinderat entschieden werden. Kein Wunder, dass Ex-OB-Kandidat Heer alle, die seiner Geldquelle gefährlich werden könnten, mit Klagen überzieht: die Stadtverwaltung und unliebsame Medien wie Kontext ebenso wie Kämpferinnen für ein Sexkaufverbot wie die SPD-Bundestagsabgeordnete Leni Breymaier. Und eben auch die grüne Bezirksvorsteherin. Gewonnen hat er in den seltensten Fällen.
Zum Prozessauftakt im dritten Anlauf gegen Kienzle sitzen am vergangenen Donnerstag ausschließlich männliche Zuschauer im Raum 155 des Landgerichts in der Urbanstraße. Mancher wird von Heer persönlich begrüßt, man kennt sich. Der Vorsitzende Richter Oliver Schlotz-Pissarek gibt bei Verhandlungsbeginn zu verstehen, dass er die Urteilsbegründung aus dem Verfügungsverfahren nachvollziehen kann. Vor Heer türmen sich mehr Unterlagen als vor seinem Anwalt. Briefe mit post-its, Zeitungsausschnitte, Mails, und - mit gelbem Marker fast vollständig eingefärbt - das Kontext-Interview. Der 57-Jährge tritt in weiten Teilen als Anwalt in eigener Sache auf, beschwert sich, dass der Mann auf der Königsstraße den Eindruck haben müsse, er betreibe ein illegales Bordell, bezichtigt Kienzle nicht zum ersten Mal der Stimmungsmache und sorgt bei den Richtern für ein kurzes Zucken mit der Bemerkung: "Ich könnte Sie zumüllen mit Unterlagen." Die Wiederholung allein bringe keinen Vorteil, bemerkt der Richter. Die Argumente sind bekannt, Heers Vorgehen auch. Veronika Kienzle pariert die persönlichen Attacken mit unbewegtem Gesicht. Nach einer Stunde zieht sich das Gericht zur Beratung zurück. Und kommt mit der Botschaft zurück, das Urteil in zwei Wochen zu verkünden.
"Mit der Teilabweisung wären wir nicht zufrieden", sagt Heers Anwalt Markus Wekwerth und sein Mandant bekräftigt: "Wir machen weiter bis ganz oben." Kienzles Anwalt Kitzberger kündigt eine ausführliche Stellungnahme nach der Urteilsverkündung an. Die ist für den 25. Januar 2024 anberaumt.
1 Kommentar verfügbar
Gerald Wissler
am 19.01.2024Und wenn die Behörden es nicht schließen, warum soll es dann illegal sein ?