An einem guten Gespür für öffentlichkeitswirksame Selbstinszenierungen mangelt es dem Stuttgarter Ex-OB-Kandidat und Puffbesitzer John Heer nicht: Auf Facebook geriert er sich als Luxusauto-Fan mit Florida-Lächeln. Wenn es um die Erhaltung seiner Sex-Clubs in einem Stuttgarter Szeneviertel geht, mimt er die Rolle des Gentrifizierungs-Gegners. Leiden Prostituierte in der Corona-Krise unter den Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung, gibt er sich als Frauenretter, der die Bordelle geöffnet wissen will, damit die Frauen Arbeit haben. Und wenn er glaubt, Oberbürgermeister werden zu können, verkauft er sich mit Anzug und rahmenloser Brille in einem YouTube-Jugendformat als vertrauenswürdiger Ehrenmann, der unparteilich auf die Stadt schauen und für "mehr Transparenz im Rathaus" sorgen will.
Nachdem ihm keine seiner Performances jedoch mehr als 0,8 Prozent der Stimmen bei der OB-Wahl im Jahr 2020 einbrachte, promotet er im Fernsehen sein Geschäft mit dem Frauenkauf, inszeniert sich als Saubermann und zeigt einem SWR-Kamerateam bei einer Reportage über Prostitution stolz die Renovierungsarbeiten in seinem Bordell, inklusive abwaschbarer Wände. Nach seinem Misserfolg bei der OB-Wahl hat er sich zwei neue Rollen einfallen lassen, um überregional im Gespräch zu bleiben: die Opferrolle und die des ganz normalen Bürgers, der sich von "denen da oben" nix gefallen lassen will.
Als er und weitere Bordellbesitzer die Bundestagsabgeordnete Leni Breymaier (SPD) 2021 wegen "übler Nachrede" und "Verleumdung" angezeigt hatten, weil sie auf das menschenverachtende System Prostitution hinwies, das durch die Corona-Krise mehr denn je seine Schattenseiten offenbarte, startete er gemeinsam mit AkteuerInnen der Sexkauf-Lobby eine Medienkampagne, um Breymaier öffentlich als Lügnerin hinzustellen. Dass die Staatsanwaltschaft seinen Anzeigen jedoch nicht stattgab, nie eine Verhandlung zustande kam, stand nicht in seinen Facebook-Profilen, auf denen er seine Follower regelmäßig über seine Taten informiert.
Veronika Kienzle will ein diverseres Rotlichtviertel
Jetzt hat er sich eine weitere Frau aus der Politik vorgenommen, deren Äußerungen er gerichtlich verbieten lassen will. Eine, die ihm als Kandidatin bei der OB-Wahl 2020 haushoch überlegen war. Eine, über die er bereits 2019 auf seiner Facebook-Seite immer wieder herzog, indem er etwa schrieb: "Das Übel hat einen Namen: Stadthalterin Veronika Kienzle". Kurz vor der OB-Wahl postete er einen Zeitungsbericht über Kienzle und ihre Kandidatur und schrieb über ihr Portraitfoto: "Der Untergang für Stuttgart". Seit Jahren hetzt Heer persönlich gegen die Stuttgarter Bezirksvorsteherin Veronika Kienzle, die das Viertel in der Stadtmitte, in dem sein Puff und seine Tabledance-Bar stehen, diverser gestalten möchte, damit sich dort nicht nur Zuhälter, Freier und andere Profiteure des Sexkaufgewerbes gerne aufhalten.
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