Olschowski schließt daraus: "All das, was wir getan haben, um aus Erinnerungsarbeit Gegenwarts- und Zukunftsarbeit zu machen, ist nicht genug." Und es erreiche bestimmte Gruppen unserer Gesellschaft, es erreiche "zu viele" nicht. "Heißt das: weniger Erinnerungskultur?", fragt Olschowski. Um es gleich zu beantworten: "Nein. Das heißt: mehr! Aber auch: Wir brauchen neue Wege, andere Formate." Hier die ganze Rede.
In die gleiche Kerbe schlägt danach Stuttgarts Erster Bürgermeister Fabian Mayer (CDU), der per Videobotschaft zugeschaltet ist. Bemerkenswert ist dabei, wie sehr er die Bedeutung bürgerschaftlicher Initiativen für die Erinnerungsarbeit hervorhebt. Diese hätten Einrichtungen der Erinnerung wie etwa dem Hotel Silber "teils erst angeregt". "Teils" ist noch untertrieben, denn es gibt in Stuttgart mit Ausnahme der vom Land initiierten Stauffenberg-Gedenkstätte schlicht kein einziges Denkmal, keine Erinnerungsinitiative zur NS-Zeit, die nicht auf das Engagement bürgerschaftlicher Gruppen zurückgeht. Auch die Stadt Stuttgart musste oft regelrecht zum Jagen getragen werden, ob bei einer Ausstellungsreihe in den Achtzigern oder beim Hotel Silber. Doch geschenkt, Mayer positioniert sich erfreulich klar, auch, als er kurz auf die "Mitte-Studie" eingeht: "Die Frage, warum wir auch heute noch eine aktive Erinnerungskultur brauchen, wird durch solche Studien klar beantwortet."
Bleibt die Frage, die Olschowski bereits indirekt gestellt hat: Welche neue Wege, welche Formate muss Erinnerungskultur, muss der Kampf gegen rechts haben? Friederike Hartl vom Stadtjugendring sieht aus eigener Erfahrung Anknüpfungspunkte bei migrantischen Jugendlichen, die eigene Fluchterfahrungen haben. Im Schauspielhaus werden weitere Beispiele und Ideen genannt, doch es bleibt vieles vage.
Gesucht: Bündnispartner mit humanitären Werten
Ganz konkret trifft sich tags zuvor, am Samstag, auf dem Stuttgarter Schlossplatz eine neue Initiative gegen die aktuellen Rechten. Ein wichtiger Grundsatz dabei: Raus aus der Blase. Das klingt gut, ist aber schwieriger als gedacht. Einer, der das weiß, ist Joe Bauer, weil er viel rum kommt in der Stadt, und viele politische Kleingärtner:innen erlebt hat. Er hat auch diese Kampagne wieder mit angeschoben: gemeinsam gegen rechts. Und jetzt, zum Auftakt am Samstag, 14. Oktober, stehen sie im Regen, mehr als tausend, und hören zu.
Hasko Weber ist aus Weimar gekommen, also aus Thüringen, wo 1930 die NSDAP Juniorpartner der Landesregierung war, wo heute Björn Höcke Chef der AfD ist und 30 Prozent plus x anstrebt – 33 Prozent würden der Partei eine Sperrminorität im Landtag bescheren. Der Generalintendant des dortigen Nationaltheaters, früher Stuttgart, sagt, die Strategie der Konfrontation habe die Rechten nur stärker gemacht, er suche die "Verbindung in der Gesellschaft". Dazu lohnt auch, sein Kontext-Interview nachzulesen.
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Dietmar Schott
am 25.10.2023https://www.uni-luebeck.de/aktuelles/pressemitteilung/artikel/ehrendoktorwuerde-fuer-annette-schavan-1.html#:~:text=Auszeichnung%20f%C3%BCr%20besondere%20Verdienste%20um%20die%20medi…